taz.de -- Rote Liste der gefährdeten Arten: Mehr Finnwale und Berggorillas

Fast 27 000 Tier- und Pflanzenarten gelten laut Roter Liste als bedroht. Naturschützer warnen vor neuen Problemen durch Überfischung.
Bild: An der Ostseeküste gestrandeter Finnwal

Gland dpa | Die Bestände der Berggorillas und der Finnwale haben sich dank umfassender und langfristiger Schutzmaßnahmen erholt. Die Zahl der Finnwale habe sich seit den 1970ern auf rund 100.000 Exemplare ungefähr verdoppelt, teilte die [1][Weltnaturschutzunion (IUCN) bei der Präsentation ihrer aktuellen Roten Liste] mit. Zugleich warnten die Experten vor [2][Problemen durch Überfischung.] So seien 13 Prozent der Zackenbarsch-Arten weltweit und 9 Prozent der rund 450 Fischarten im ostafrikanischen Malawisee vom Aussterben bedroht.

„Der Artenrückgang beeinflusst den Preis von Fisch weltweit erheblich und reduziert die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen“, sagte die IUCN-Expertin Yvonne Sadovy. Von der Weltnaturschutzunion werden für die Rote Liste derzeit 97.000 Pflanzen- und Tierarten – von insgesamt etwa 1,7 Millionen bisher beschriebener Arten – unter die Lupe genommen. Fast 27.000 von ihnen gelten als bedroht. Das sind 10.000 mehr als noch vor rund zehn Jahren.

Die Finnwale (Balaenoptera physalus) gelten nicht mehr als „stark gefährdet“, sondern sind nun als „gefährdet“ aufgeführt. Auch die Situation der Grauwale, die bisher als „vom Aussterben bedroht“ galten, habe sich verbessert. „Die Bestände dieser Wale erholen sich dank der Verbote von kommerziellem Walfang, internationalen Vereinbarungen und weiteren Sicherungsmaßnahmen“, sagte Randall Reeves von IUCN am Mittwoch im schweizerischen Gland.

Gute Nachrichten gab es auch zur Situation der Berggorillas (Gorilla beringei beringei). Nicht zuletzt durch Maßnahmen gegen Wilderer in ihrem Lebensraum hat sich ihr Bestand demnach deutlich vergrößert. Laut IUCN ist die Zahl der Tiere in den vergangenen zehn Jahren von etwa 680 auf mehr als 1.000 gestiegen. Die Berggorillas leben in geschützten Gebieten in Ruanda, Uganda und in der Demokratischen Republik Kongo. Sie werden nun als „stark gefährdet“ und nicht mehr als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.

Mit Blick auf die neue Einstufung machte die IUCN aber trotz der Erfolge deutlich, dass die Schutzmaßnahmen weiter fortgeführt werden müssten. Unter anderem müsse die Zahl der Touristen reduziert und ein enger Kontakt von Menschen zu den Gorillas vermieden werden.

Ökologischer Ausnahmzustand

„Einzelne Erfolge beim Artenschutz dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns in einem dauerhaften, ökologischen Ausnahmezustand befinden. Die weltweite [3][biologische Vielfalt] ist durch den Menschen in einem ständigen Krisenmodus gefangen“, erklärte Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland anlässlich der Vorstellung der neuen Roten Liste. Die positiven Beispiel zeigten aber auch, dass Naturschutz erfolgreich sein könne, wenn entschlossen gehandelt werde.

Eine bedenkliche Entwicklung sehen die IUCN-Experten bei einigen Holzarten. Die vermehrte Nachfrage in China nach Bau- und Möbelholz führe zu Raubbau in Afrika. Inzwischen stünden auch alle Arten des Adlerholzbaumes auf der Roten Liste. Bestandteile des Baumes würden in der Parfüm- und Duftindustrie gebraucht, was das Holz zu einem der teuersten der Welt mache.

Für die internationale Rote Liste schätzen Experten seit 1963 die Gefährdung einzelner Tier- und Pflanzenarten ein. Sie ermitteln dabei regelmäßig die Wahrscheinlichkeit für ein Aussterben der jeweiligen Art. Die untersuchten Spezies werden in Kategorien von „nicht gefährdet“ bis „ausgestorben“ eingeordnet.

15 Nov 2018

LINKS

[1] https://www.iucn.org/news/species/201811/fin-whale-mountain-gorilla-recovering-thanks-conservation-action-iucn-red-list
[2] /Ueberfischung-in-Nord--und-Ostsee/!5538844
[3] /Neu-entdeckte-Tierarten/!5364168

TAGS

Rote Liste
Biodiversität
Gefährdete Tierarten
Naturschutz
Walfang
Rote Liste
Artensterben
Sierra Leone
Tierschutz

ARTIKEL ZUM THEMA

Walfang in Island: Das Töten geht weiter

Island ist einer der ganz großen Whale Watching Hotspots. Bald sollen die Schiffe aber den Weg frei machen für Walfänger.

Kommentar Walfang in Japan: Populismus mit der Harpune

Japan will ab Juli 2019 wieder kommerziell Wale jagen. Der demonstrative Schritt zielt vor allem auf die Wähler von Premier Abe in den Hafenstädten.

Rote Liste Bundesamt für Naturschutz: Das leise Sterben der Pflanzen

Ein Drittel aller rund 8.200 Pflanzenarten in Deutschland ist gefährdet. Ursache sind vor allem die hohen Nährstoffeinträge in die Umwelt.

Massives Wildtiersterben seit 1970: Wildtiere bald nur noch im Zoo?

Die Anzahl der Wirbeltiere ist seit 1970 weltweit um rund 60 Prozent zurückgegangen, berichtet der WWF – und fordert Gegenmaßnahmen.

Schimpansen-Refugium in Sierra Leone: Gebt den Affen Bäume!

Die Wälder in Sierra Leone schrumpfen und damit auch der Lebensraum der Schimpansen. Der Schutz der Bäume nutzt am Ende aber auch den Menschen.

Deutscher Naturschutztag: Korridore für Luchs und Otter

Schutzgebiete vorzuschreiben, ist das eine, sie einzurichten, etwas anderes. In Magdeburg suchen Tierschützer nach einer Strategie.