taz.de -- 40 Jahre taz: Finanzierungsmodelle: Der große Steuermann
Berlinzulage, Abschreibungsmodelle, Investitionszulagen: wie sich Westberlins Subventionen zur Gründung der taz nutzen ließen, wusste Gert Behrens.
Herbst 1978 im Souterrain einer Villa in Berlin-Schmargendorf; andere erinnern sich eher an einen Keller. Die „Unternehmens-AG“ der Berliner taz-Initiative will sich von dem Steuerberater Gert Behrens Rat holen. In Westberlin soll es ein Füllhorn an Subventionen geben, wie kommt man da ran? Der Tipp für diesen Steuerberater kam von Didi Willier aus der Stuttgarter taz-Initiative.
Das Subventionsmodell, das Gert Behrens für die taz austüftelte, war komplex. Neben den 8 Prozent Berlinzulage, mit denen bei allen Westberliner Arbeitnehmern der Lohn aufgestockt wurde, kam ein Abschreibungsmodell zum Zuge, mit dem die Investitionen in die teuren Fotosatz- und Abocomputer finanziert werden sollen. Linke gut verdienende Ärzte und Rechtsanwälte („Zahnwälte“) konnten sich beteiligen und Steuern sparen.
Dazu kamen 25 Prozent Investitionszulagen, so dass die Maschinen nahezu kostenlos waren. Die Krone des ganzen Steuermodells war das Ausschöpfen von Umsatzsteuerpräferenzen, mit dem die Filmbranche in Westberlin gehalten werden sollte. Dazu wurden später über viele Jahre die Nachdruckrechte für die „westdeutsche“ Ausgabe der taz an eine Frankfurter Tageszeitungsverlagsgesellschaft verkauft.
Die von Gert Behrens vorgeschlagenen Steuersparmodelle halfen der Berliner taz-Initiative bei der Standortentscheidung im Dezember 1978 die Zentralredaktion der taz nach Westberlin zu bringen, denn nur hier war eine Finanzierung des Projekts überhaupt möglich.
Erster Berater beim Häuserkauf und Neubau
Aus dem Kellertreff im Herbst 1978 entwickelte sich eine 40-jährige enge Zusammenarbeit. Gert Behrens war immer erster Berater für die taz, wenn es darum ging, etwas Großes, das mit Geld zu tun hatte, auf die Beine zu stellen, wie etwa den Kauf der Häuser in der Koch- später Dutschke-Straße oder den [1][taz neubau] in der Friedrichstraße.
Der Kontakt mit dem Alternativprojekt taz veränderte auch den Lebensweg von Gert Behrens. Er half bei der Gründung des Projekthauses Mehringhof oder von Stattbau, einem alternativen Sanierungsträger in Kreuzberg, wo er auch eine Zeit lang Geschäftsführer war. Eine Unternehmensberatung, die er gründete, nannte er „learning by doing“ LBD, ein Prinzip, das auch in der taz vorherrschte.
Heute im rüstigen Alter von 80 Jahren gehört er dem Kuratorium der [2][taz Panter Stiftung] an – fast überflüssig zu erwähnen, das er auch bei ihrer Konstruktion und Gründung mithalf.
2 Oct 2018
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