taz.de -- Buch über AfD-Fraktionsvorsitzenden: Gauland legt die Axt an
Interessante Details: Der Journalist Olaf Sundermeyer untersucht in seinem neuen Buch die Rache des AfD-Fraktionsvorsitzenden.
[1][Alexander Gauland] ist ohne Zweifel ein interessanter Mann. Der Partei- und Fraktionschef der AfD, der als Flüchtling aus der DDR in die Bundesrepublik kam, hier Jura studierte und in der CDU Karriere machte, galt früher als kluger und belesener Konservativer, mit dem auch Grüne gern diskutierten.
Heute will er wieder stolz auf die Soldaten der Wehrmacht sein dürfen, sagt, dass der Nationalsozialismus „ein Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte sei und dass die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, in Anatolien entsorgt gehöre.
Dem offenen Schulterschluss [2][seiner Partei mit Rechtsextremisten] stellt er sich nicht entgegen, im Gegenteil. Es ist atemberaubend, in welchem Tempo sich der Mann, zu dessen Markenzeichen [3][eine Hundekrawatte geworden ist], und mit ihm seine Partei sich immer weiter radikalisieren.
Wie es dazu kommen konnte, hat schon viele JournalistInnen interessiert, in den vergangenen Jahren sind zahlreiche Gauland-Porträts erschienen. Sie alle versuchten eine Antwort auf die Frage zu finden, was den heute 77-Jährigen treibt. Jetzt hat Olaf Sundermeyer, Reporter beim Rundfunk Berlin-Brandenburg mit den Schwerpunkten Rechtsextremismus, Kriminalität und Gewalt im Fußball, eine Gauland-Biografie verfasst, die sich auf 176 Seiten dem Mann annähert, der mehr als die Hälfte seines Lebens der CDU angehört hat.
Dazu hat der Autor die verschiedenen Stationen von Gaulands Leben unter die Lupe genommen, mit zahlreichen Weggefährten gesprochen, auch Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, der französische Staatsmann und Diplomat, den Gauland verehrt, wird zur Erklärung herangezogen. Talleyrand gilt vielen als Inbegriff des Opportunisten.
Das lässt sich gut weglesen und ist nicht uninteressant, doch wirklich neue Gedanken zur Erklärung Gaulands bietet Sundermeyer nicht. „Die Rache des alten Mannes“, wie das Buch im Untertitel heißt, wurde eben schon vielfach beschrieben. Und vielleicht ist es wirklich so: Dass Gaulands AfD-Karriere letztlich ein Egotrip ist, dass dieser, wie Sundermeyer es formuliert, „die Axt an das politische System legt, das für ihn keine Verwendung mehr hatte“.
Interessante Detailgedanken aber finden sich in dem Buch. Dass Gauland einer der wenigen Westpolitiker ist, der den Osten verstanden hätte, ist so ein Gedanke. Dass Pegida ein zentraler Moment in Gaulands Selbstradikalisierung gewesen ist. Und dass er sich auf neurechte Vordenker wie Götz Kubitschek einlasse, weil er sonst niemanden (mehr) hat, mit dem er auf Augenhöhe diskutieren kann.
24 Sep 2018
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