taz.de -- Geschlechtergerechte Wahlunterlagen: Männer und andere Wähler
Weil Frauen auf den Briefwahlunterlagen zur Bundestagswahl bisher nicht vorkommen, zieht eine Bremerin nun vor das Bundesverfassungsgericht.
Bremen taz | Wählerinnen sind bei der Bundestagswahl nicht vorgesehen, jedenfalls nicht als Briefwählerinnen. Denn Frauen, die an Eides statt versichern, dass niemand anderes unerlaubt für sie gewählt hat, tun das mit einer „Unterschrift des Wählers“. Von Frauen ist da nicht die Rede.
Frau [1][Damm ist so eine Frau.] Die Bremerin hat bei der letzten Bundestagswahl ihren Wahlschein geschlechtergerecht korrigiert und sich auch gleich noch ein amtliches Siegel dafür geholt, dass ihre Stimme trotzdem als gültig gezählt wird. Denn selbstverständlich ist das nicht: Es gibt auch JuristInnen, die sagen, dass jede handschriftliche Änderung auf einem amtlichen Dokument selbiges per se ungültig macht.
Nun kämpft Damm auf höchster Ebene um die Gleichstellung auf dem Wahlzettel. Nachdem der Bundestag ihren Wahleinspruch im Sommer zurückgewiesen hat, reichte Damm nun eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments wertete ihren Einspruch lediglich als einen „Reformvorschlag für die Zukunft“. Ein Verstoß gegen die geltenden Vorschriften und damit ein Wahlfehler seien nicht zu erkennen, so der Wahlprüfungsausschuss in seiner Begründung. „Das auf dem Wahlschein verwendete generische Maskulinum umfasst Personen jedweden Geschlechts, nicht ausschließlich männliche Wähler“ heißt es in Drucksache 19/3050. Im Klartext: Frauen sind auch gemeint, wenn von Männer die Rede ist. Ob das umgekehrt auch gelten würde?
Dass auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts auf dem Wahlschein nur von Männern die Rede ist, „mag diskriminierend wirken“, so der Ausschuss – allerdings sei das unerheblich, juristisch jedenfalls: Das hat „keine rechtliche Konsequenz“, stellte der Wahlprüfungsausschuss klar. Insbesondere sei mit diesem Wahlschein keine Ungleichbehandlung dergestalt verbunden, dass Frauen von der Briefwahl ausgeschlossen wären und nur Männer auf Wahlzetteln wirksame eidesstattliche Versicherungen abgeben könnten.
Frau Damm reicht das nicht. Ihr sei es „unmöglich“, so etwas persönlich zu unterschreiben, auch werde sie „abgeschreckt“, überhaupt briefwählen zu gehen, wenn ihr das als Urkundenfälschung ausgelegt werden könnte. Sie fühlt sich in ihrem Recht auf ungehinderte Wahlteilnahme verletzt – und deshalb sollen die Karlsruher RichterInnen nun eine Rechtsverletzung feststellen.
Derweil wurden die Grünen in der Bremischen Bürgerschaft schon aktiv: Sie haben sich mit einer Anfrage an den Senat gewandt. In ihrer Antwort versichert die rot-grüne Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Wahlzettel künftig gegendert wird. Im übrigen gehe man davon aus, dass es sich hier um einen Einzelfall handele, zumindest im Land Bremen. Eine Überprüfung aller Wahlscheine sei aber „nicht möglich“.
26 Sep 2018
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