taz.de -- Die Wahrheit: Steht auf, wenn ihr Knechte seid!

Donnerstag ist Gedichtetag. Die geneigte Leserschaft darf sich diesmal an einem Poem über ein rosarotes Politpärchen am Morgen erfreuen.

In dem Saarlandstädtchen Merzig

leben außer Kauz und Specht

überwiegend lieb und herzig

Lafontaine und Wagenknecht.

Wie noch nicht einmal im Märchen

wurde dort ein Mythos wahr,

aus dem strengen linken Pärchen

ward ein rosarotes Paar.

Täglich werden Strategien

von den beiden ausgeheckt

und fast alle Energien

in die Politik gesteckt.

„Aufstehn!“, schallt's schon in der Frühe

Richtung schlafendem Gemahl.

Dem macht dieser Aufruf Mühe

als gelerntem Rübezahl.

Stets dreht Oskar sich zur Linken,

zieht die Decke aufs Gesicht.

Selbst der Lockruf „Kaffee trinken!“

dringt in seine Ohren nicht.

Auch den feinen Müslibecher

neben dem Kaffee am Spind

schlägt der alte Rotweinzecher

heftig schnarchend in den Wind.

Nichts rührt sich auch am Gemahle,

wenn „Ernst Busch singt Brecht“ erklingt

und die „Internationale“

Sahra sogar selber singt.

„Wenn wir schlafen Seit an Seite“,

leiert sie leicht aggressiv,

zieht den Text sehr in die Breite

und die Töne kommen schief.

Danach schnappt sie sich die Decken,

zwickt den Schlafenden am Zeh

und befiehlt dem roten Recken:

„Jetzt steh endlich auf, Mann, steh!“

Durch dies letzte kleine Wörtchen

kommt Bewegung ins Geschehn.

Er geht erst einmal aufs Örtchen

und ward lange nicht gesehn.

16 Aug 2018

AUTOREN

Reinhard Umbach

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