taz.de -- Neuer Forschungsverbund in Berlin: DDR-Opfer werden gesammelt

Die Gedenkstätte Hohenschönhausen soll Daten aller Menschen finden, die zwischen 1945 und 1989 in SBZ und DDR inhaftiert, deportiert oder getötet wurden.
Bild: Wer hinter dieser Tür saß, soll sich bald auch in dem Register der DDR-Opfer finden: Zelle in der Gedenkstätte Hohenschönhausen

Berlin taz | Die Gedenkstätte Hohenschönhausen wird ab Ende des Jahres ein Register mit den Namen aller Opfer des Kommunismus in Deutschland erarbeiten. Vorbild sei die Datenbank der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, in der die Opfer des Holocaust namentlich verzeichnet werden, erklärte der Sprecher der Gedenkstätte, André Kockisch, am Freitag. „Die Idee gibt es seit einigen Jahren, weil es bislang keine umfassenden Daten über die Opfer gibt“, sagte er der taz. Jetzt sei endlich das Geld dafür bewilligt worden.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben voraussichtlich mit 5,3 Millionen Euro. Dafür wird eigens ein „Forschungsverbund zur Erfassung und Analyse der politischen Repression in SBZ und DDR“ von sieben weiteren Universitäten und Gedenkstätten gegründet. Teilnehmer sind neben der Gedenkstätte Hohenschönhausen unter anderem das Menschenrechtszentrum Cottbus und die Robert-Havemann-Gesellschaft.

Koordinator des Forschungsverbundes ist Jörg Baberowski vom Lehrstuhl für die Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Am Freitag kamen die Mitglieder des Verbundes erstmals zu einer Beratung zusammen.

Eingang in die Datenbank sollen zunächst lediglich jene Kommunismus-Opfer finden, die zwischen 1945 – der Einrichtung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) – und 1989 – Fall der Mauer – inhaftiert, deportiert oder getötet wurden, erklärte Kockisch. „Wenn wir den Opferbegriff weit fassen, also auch die von Zersetzungsmaßnahmen der Stasi Betroffenen einschließen, werden es zu viele.“ Bislang gehe man „grob geschätzt“ von 220.000 bis 250.000 politischen Häftlingen aus, deren Daten nun zusammengefasst werden sollen. Dabei sollen nicht nur die Namen und Daten der Verfolgten erfasst, sondern – soweit möglich – auch Biografien, Fotos, Schlüsseldokumente und Zeitzeugeninterviews gesammelt werden.

Natürlich gebe es dazu bereits „Unmengen an Material“, so Kockisch. Allerdings sei dies längst nicht alles aufgearbeitet. Zudem lägen die Daten getrennt bei den verschiedenen Forschungseinrichtungen und Gedenkstätten. „Jeder hat seine eigenen Daten, Geschichten, Zeitzeugen.“

Eine vergleichbare Datenbank mit den Namen aller Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland – jüdischer wie nicht-jüdischer – gibt es nicht. In der Halle der Namen in Yad Vashem sind die bis heute bekannten Namen aller Juden verzeichnet, die im Holocaust ermordet wurden. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs sind die Namen jener Menschen aufgeführt, die im Deutschen Reich in den Grenzen von 1937 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft oder Religion verfolgungsbedingt starben. Zudem führen die NS-Gedenkstätten Totenbücher.

20 Jul 2018

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Susanne Memarnia

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