taz.de -- Gay Pride in Istanbul: Parade trotz Verbot
Der Gouverneur der türkischen Stadt hatte den Marsch verboten. Ein Teil der LGBTI-Gemeinde ging trotzdem auf die Straße. Die Polizei löste die Veranstaltung auf.
Istanbul ap/afp | Trotz eines Verbots hat sich die LGTBI-Gemeinschaft zu einem Marsch in Istanbul versammelt. Sie zogen eine Stunde lang am Sonntag durch die Straßen der türkischen Metropole, während die Polizei versuchte, die von der Lokalregierung verbotene Veranstaltung zu beenden. Hunderte Teilnehmer*innen skandierten Slogans und schwenkten Regenbogenfahnen in Nebenstraßen der Hauptfußgängerstraße.
Die Organisator*innen gaben eine Stellungnahme heraus, in der sie mitteilten, dass das Verbot der Stadt sie nicht daran abhalten werde, friedlich zu marschieren. Die Polizei ließ es trotz des Verbots zu, dass die Organisator*innen eine Pressemitteilung vorlasen. „Wir erkennen dieses Verbot nicht an“, sagten sie darin. Das Verbot durch den Gouveneur von Istanbul sei „komisch“. Es war das vierte Jahr in Folge, dass die Lokalregierung die Parade verbot.
Die Polizei forderte die Teilnehmer nach der Verlesung der Erklärung auf, auseinanderzugehen. Andernfalls werde sie intervenieren, warnte sie. Beamte patrouillierten mit Hunden. In der Nähe waren Wasserwerfer stationiert. Die Polizisten feuerten in einigen Gegenden Tränengas auf Gruppen ab. An anderer Stelle wurden sie dabei beobachtet, wie sie Teilnehmer*innen des Marschs, die sich nicht schnell genug entfernten, schubsten und anschrien. Während die Polizei versuchte, den Marsch aufzulösen, versammelten sich Teilnehmer*innen in anderen Teilen des Taksim-Bezirks wieder. Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge wurden elf Menschen festgenommen.
Der Gouverneur führt seit 2015 Sicherheitsgründe und „Befindlichkeiten“ der Öffentlichkeit als Grund für das Verbot an. Davor wurden ähnliche Paraden ab 2003 genehmigt. An „Istanbul Pride“ nahmen 2014 bis zu 100.000 Menschen teil. Marschorganisator*innen hatten am Freitag argumentiert, dass der Gouverneur mit dem Verbot gegen die Versammlungsfreiheit verstoßen habe.
Homosexualität und Transsexualität sind in der Türkei nicht verboten. LGBTI-Vertreter*innen sind jedoch Diskriminierung und Hassverbrechen ausgesetzt. Die türkische Regierung bestreitet, dass Einzelpersonen wegen ihrer Zuordnung zu einem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung Opfer von Diskriminierung seien.
2 Jul 2018
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In vier Jahrzehnten hat der CSD viele Bedeutungswandel erfahren. Er war immer auch Spiegel der Gesellschaft. Dieses Mal wurde die AfD ausgeladen.
Nächsten Freitag gehen Lesben und ihre Freunde zum sechsten Mal für mehr Sichtbarkeit beim Dyke*March auf die Straße.
Beim Kölner Christopher Street Day demonstrieren und feiern rund eine Million Menschen. Sie fordern mehr Hilfe für queere Jugendliche und Geflüchtete.
Eine Mehrheit der türkischen Transgender-Community neigt der Regierungspartei AKP zu. Unsere Autorin sucht nach einer Erklärung.
Bülent Ersoy ist eine der beliebtesten Sänger*innen der Türkei – und trans. In den letzten Jahren erregte ihre Nähe zu Erdoğan Aufsehen.
Die Gezi-Proteste in der Türkei weckten Hoffnungen für LGBT*. Heute leben viele von ihnen in Berlin – und haben mit neuen Problemen zu kämpfen.