taz.de -- Machtkampf beim Hamburger SV: Vorstandschef vs. Geldgeber
Der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne will vom Hamburger Sportverein Geld zurück, weil Vorstandschef Bernd Hoffmann ihm eine Sperrminorität vorenthält.
HAMBURG taz | Klaus-Michael Kühne ist beleidigt. Grund dafür ist der neue Vorstandsvorsitzende seines Lieblingsclubs Hamburger SV. Bernd Hoffmann habe sich nicht an Absprachen gehalten, klagt er. Und die sahen so aus:
Kühne hält derzeit 20,57 Prozent der Aktien an der ausgegliederten Profifußballabteilung, der HSV Fußball AG. Mit Hoffmann führte der Logistik-Milliardär in den letzten Wochen Gespräche über eine Aufstockung seiner Anteile. Dafür hätte er noch mal 10 bis 15 Millionen Euro lockergemacht – Peanuts im Vergleich zu den über 100 Millionen, die er seit 2010 in seinen HSV gesteckt hat.
Doch Hoffmann wollte plötzlich nicht mehr. „Wir waren nah dran an einer Lösung und hatten sogar schon Papiere entwickelt“, sagte Kühne in einem Interview mit der Sportbild. „Doch dann hat er sich klar dagegen positioniert. Ich will dem Verein Gutes tun und dafür sorgen, dass er stärker wird. Aber ich kann nicht immer nur Geld geben, ohne dass es eine Gegenleistung dafür gibt.“
Dank einer nicht geschlossenen Lücke in der Satzung der Fußball AG könnte der HSV bis zu 33,3 Prozent seiner Anteile verkaufen – ohne Zustimmung der Mitglieder. Besitzt einer der Gesellschafter mehr als 25 Prozent der Aktien, hätte er eine Sperrminorität und könnte Beschlüsse der Hauptversammlung der Fußball AG verhindern, für die eine Dreiviertelmehrheit notwendig ist, zum Beispiel bei der Besetzung des Aufsichtsrates.
Genau davor fürchtet sich Hoffmann, der als von den Mitgliedern gewählter Präsident des Amateur- und Breitensports den Mehrheitsgesellschafter HSV e.V. (76,19 Prozent) vertritt und so viel Macht auf sich vereint wie kein anderer vor ihm. Kühne hatte sich vor seiner Wahl in die Auswahl des neuen Kontrollgremiums eingemischt. Hoffmann wurde im Februar knapp gewählt. Er versprach den Mitgliedern, keine weiteren Anteile mehr zu verkaufen.
Was offenbar nicht ganz der Wahrheit entspricht. „Wir waren eigentlich soweit, dass in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt werden sollte, dass sich Herr Hoffmann mit dem Vorstand und Aufsichtsrat zu einem späteren Zeitpunkt dafür einsetzen wird“, sagte Kühne. „Herr Köttgen als Aufsichtsratschef stand dahinter. Frank Wettstein als Finanzchef ebenso. Herr Hoffmann war schwankend, hat mal Ja und mal Nein gesagt.“ Kühne will sich vorerst zurückziehen und keine weitere finanzielle Unterstützung mehr leisten.
Allein das trifft den HSV hart genug, war er doch in den vergangenen Jahren wegen seiner hohen Ausgaben von Kühnes Geld abhängig. Allerdings legte Kühne einen Tag später nach. Dem Hamburger Abendblatt teilte seine Büroleitung mit: „Soweit Herr Kühne im Zusammenhang mit Spielerverkäufen der HSV Fußball AG daraus Ansprüche ableiten kann, wird er dies tun, und soweit Darlehen gewährt wurden, auf deren volle Rückzahlung Wert legen.“
HSV unter Druck
Den HSV setzt diese Ankündigung massiv unter Druck. Kühne hatte 2016 bei der Finanzierung einiger Spieler wie Filip Kostic, Alen Halilovic, Douglas Santos oder Walace geholfen. Diese Großverdiener muss Hoffmann gemeinsam mit seinem Sportvorstand Ralf Becker nun loswerden, um die Kaderkosten auf 30 bis 33 Millionen zu reduzieren, ist aber vor allem auf Ablösesummen angewiesen, um die enormen Mindereinnahmen wegen des Abstiegs in die Zweite Liga zu kompensieren.
Nur wie soll das funktionieren, wenn Kühne ein Teil der Einnahmen zusteht? Das Problem des HSV ist, dass es keinen zweiten HSV gibt im deutschen Profifußball, der ihm Spieler zu extrem teuren Preis abkauft. Wie bei Kostic beispielsweise, den die Hamburger nach dem Abstieg des VfB Stuttgart vor zwei Jahren für 14,2 Millionen Euro verpflichteten.
Es läuft auf einen Machtkampf zwischen Kühne und Hoffmann hinaus, bei dem der Investor die größeren Druckmittel auf seiner Seite weiß. Gibt Hoffmann nach und verkauft ihm weitere Anteile, droht ihm bei der nächsten Mitgliederversammlung die Abwahl. Glück für ihn: Der Aufsichtsrat hat bereits einen neuen Dreijahresvertrag für ihn in der Schublade. Verlängert er frühzeitig, können die Mitglieder ihm nichts mehr anhaben.
2 Jul 2018
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