taz.de -- Kommentar Audi-Chef in Haft: Wenigstens die Justiz macht Ernst

Die Verhaftung von Rupert Stadler befriedigt das Bedürfnis nach Gerechtigkeit. Doch Dieselautos vergiften weiter die Luft in den Städten.
Bild: Das war's erstmal mit der Tätigkeit bei Audi

Lange schien es, als hätten die Autobosse in Deutschland nicht viel zu befürchten. Während ihnen in den USA Anklagen und Haftstrafen drohten, wurden sie hierzulande von der Justiz verschont und von der Politik zu Dieselgipfeln ins Kanzleramt eingeladen, wo sie erfolgreich gegen ernsthafte Konsequenzen aus dem Abgas-Skandal lobbyieren durften.

Zumindest bei den Strafverfolgern scheint sich jetzt – knapp drei Jahre nach Bekanntwerden des millionenfachen Betrugs – die Lage zu ändern. Erst hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig in der letzten Woche ein [1][Bußgeld von einer Milliarde Euro gegen VW verhängt].

Das ist zwar wenig im Vergleich zu dem, was der Konzern in den USA bezahlen musste –, aber immerhin das höchste Bußgeld, das in Deutschland jemals ein Unternehmen bezahlen musste.

Bei den Strafverfahren gegen einzelne Manager, die unabhängig davon weiterlaufen, gab es am Montag die nächste spektakuläre Entscheidung: Die [2][Untersuchungshaft gegen den amtierenden Audi-Chef Rupert Stadler] zeigt, dass die Staatsanwälte erstens keine Scheu haben, sich mit den Großen der Branche anzulegen, und zweitens offenbar genug belastendes Material gefunden haben, um die Haft zu begründen. Und er dürfte nicht der letzte Automanager bleiben, der sich vor Gericht verantworten muss.

Das mag das Bedürfnis nach Gerechtigkeit befriedigen, doch es ändert nichts an den Auswirkungen des Betrugsskandals selbst: Die Diesel mit dem überhöhten Stickoxidausstoß dürfen weiterhin fast ungehindert in den Innenstädten die Menschen vergiften. Denn im Gegensatz zur Justiz schont die Politik die Hersteller nach wie vor.

CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer hält zwar inzwischen immerhin auch die Daimler-Motoren für illegal. Doch auf eine zwingende Hardware-Nachrüstung verzichtet er weiterhin. Angesichts der immer deutlicher werdenden kriminellen Energie der Branche ist diese Rücksichtnahme unverständlicher denn je.

18 Jun 2018

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Malte Kreutzfeldt

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