taz.de -- Reaktionen auf Atom-Entschädigung: „Erneut kassieren die Konzerne“

Umweltverbände begrüßen, dass die AKW-Laufzeiten nicht verlängert werden. Die hohe Entschädigung für die Betreiber lehnen sie aber ab.
Bild: Das Atomkraftwerk Grundremmingen

Berlin taz | Der Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums zur Entschädigung der AKW-Betreiber RWE und Vattenfall, [1][über den die taz am Montag berichtet hat], ist auf ein durchwachsenes Echo gestoßen. Der Umweltverband BUND begrüßte die grundsätzliche Linie, auf jegliche Laufzeitverlängerung zu verzichten. „Dennoch bleibt der Entwurf weit hinter unseren Erwartungen zurück“, sagte BUND-Atomexperte Thorben Becker. „Das Bundesverfassungsgericht hatte klargestellt, dass eine Entschädigung in Höhe des entgangenen Gewinns nicht erforderlich ist. Genau dies sieht der Gesetzentwurf nun aber vor.“

Der Sprecher der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt, Jochen Stay, erklärte, das Gesetz reihe sich ein in frühere atompolitische Fehlentscheidungen. „Erneut kassieren die Konzerne.“ Für die Grünen wies die Umweltausschuss-Vorsitzende Sylvia Kotting-Uhl die Verantwortung für die Zahlung der Kanzlerin zu.

„Dass Vattenfall und RWE für den Atomausstieg 2011 überhaupt entschädigt werden müssen, liegt an der schwarz-gelben Laufzeitverlängerung von 2010“, sagte sie. „Merkel hat mit ihrem Hin und Her die Unterschrift der Konzerne unter den rot-grünen Atomausstieg leichtfertig in die Tonne getreten.“ Das sieht auch SPD-Energieexpertin Nina Scheer so: „Der verfassungsgerichtlich auferlegte Gesetzesänderungsbedarf unterstreicht, wie unverantwortlich und gemeinwohlfeindlich die von schwarz-gelb durchgeboxten Laufzeitverlängerungen waren“, sagte sie der taz.

Mit der geplanten Novelle des Atomgesetzes reagiert das Umweltministerium auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom Dezember 2016. Darin war den AKW-Betreibern RWE und Vattenfall ein Anspruch auf Entschädigung zugesprochen worden. Hauptgrund ist, dass sie die Reststrommengen, die ihnen beim rot-grünen Atomausstieg im Jahr 2002 zugesagt worden waren, unter dem schwarz-gelben Atomausstieg von 2011 nicht vollständig produzieren können. Als Lösungsmöglichkeiten hatte das Gericht eine Laufzeitverlängerung, einen zwangsweisen Handel mit Reststrommengen zwischen den Betreibern oder eine finanzielle Entschädigung genannt.

Frist bis zum 30. Juni

Das Umweltministerium lehnt nicht nur eine explizite Laufzeitverlängerung ab, sondern auch die Pflicht zur Strommengenübertragung. Diese hätte verhindert, dass einige AKWs früher als vom Gesetz gefordert abgeschaltet werden müssen, weil ihre Reststrommengen verbraucht sind.

Grünen und Umweltverbänden reicht dieser Verzicht auf eine Pflicht nicht. Sie fordern, die Strommengenübertragung zwischen verschiedenen Betreibern zu verbieten, um den Ausstieg zu beschleunigen. „Angesichts der zunehmenden Risiken alternder Reaktoren wäre dies auch verfassungskonform umsetzbar“, meint Jochen Stay.

Das Bundeswirtschaftsministerium, das auch für die Energiepolitik zuständig ist, wollte den Gesetzentwurf des in Atomfragen federführenden Umweltministeriums am Montag auf Anfrage nicht bewerten. „Laufende Abstimmungen kommentieren wir nicht“, sagte eine Sprecherin. Mit großem Widerstand gegen den vorliegenden Entwurf wird nach Informationen aus Regierungskreisen aber nicht gerechnet. Zudem drängt die Zeit: Das Bundesverfassungsgericht hatte für die Umsetzung seines Urteils eine Frist bis zum 30. Juni dieses Jahres gesetzt.

30 Apr 2018

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Malte Kreutzfeldt

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