taz.de -- Kommentar EU-Gipfel und Handel: Zusammenhalten und umdenken

Wirtschaftsinteressen dividieren die USA und die EU zunehmend auseinander. Die EU und Deutschland sollten ihre Handelsüberschüsse abbauen.
Bild: Born to be…boycotted: Die Harley made in USA steht im Fokus des aktuellen Handelskriegs mit der EU

So viel Zurückhaltung war nie. Noch Stunden nach der Meldung, dass die USA Europa vorerst von Strafzöllen verschonen wollen, gab es keine offizielle Reaktion aus Brüssel. Offenbar trauen Kanzlerin Angela Merkel und die anderen EU-Chefs dem US-Präsidenten Donald Trump nicht über den Weg. Erst am heutigen Freitag wollen sie Stellung nehmen.

Die Vorsicht ist angebracht. Denn der Handelskrieg ist nicht abgesagt, er hat sich nur verlagert und bricht nun mit voller Wucht im Pazifik los. Auf 60 Milliarden Dollar belaufen sich die Strafzölle und anderen Maßnahmen, mit denen Trump China treffen will. Auch Japan bekommt die harte Hand des Hardliners im Weißen Haus zu spüren.

Und Europa? Ist vorläufig ausgenommen –, doch nur bis zum 1. Mai. Danach könnte es auch die EU treffen. Allerdings weiß niemand, von welchen Bedingungen Trump seine Entscheidung abhängig macht. Vermutlich weiß er es selbst noch nicht. Sein gesamtes Vorgehen im Handelsstreit zeugt von Sprunghaftigkeit, Selbstherrlichkeit und Willkür.

„America first“ scheint das einzige „Prinzip“ zu sein. Und dann lässt sich noch der Versuch erkennen, seine Gegner zu verwirren und zu spalten. „Shock and awe“ – diese Taktik aus dem Irakkrieg wendet Trump auch im Handelskrieg an. Mit dem neuen Sicherheitsberater John Bolton zeigt der Präsident, dass er auf Eskalation setzt.

Was kann die EU in dieser Lage tun? Die Reihen schließen, wie bisher. Sogar Großbritannien hält sich bisher an die gemeinsame Linie. Allerdings hat dies einen hohen Preis: Um Premierministerin Theresa May bei der Stange zu halten, schlägt die EU harte Töne gegenüber Russland an. Sogar neue Sanktionen sind nicht mehr ausgeschlossen.

Ein Kalter Krieg ist aber nicht besser als ein Handelskrieg. Es wäre auch keine gute Strategie, sich nun auf die Seite der USA zu schlagen und gleichzeitig gegen Russland und China Front zu machen. In diesem Konflikt geht es nicht um „den Westen“ gegen „die Autoritären“. Es geht um knallharte Wirtschaftsinteressen, die auch die USA und die EU zunehmend auseinander dividieren.

Dabei rücken die neuen Technologien und die Handelsbilanzen immer mehr in den Mittelpunkt. Es geht darum, wer das Internet beherrscht – und um die Frage, wer vom Handel profitiert. Trump hat unmissverständlich klar gemacht, dass er den Gewinner China abstrafen will. Das sollte auch eine Warnung an den Exportweltmeister Deutschland sein.

Das größte EU-Land kann nicht länger so tun, als seien wachsende Exportüberschüsse und Ungleichgewichte (auch innerhalb Europas) kein Problem. Und die EU kann nicht länger so tun, als sei Handel die Lösung für jedes Problem. Die Weltwirtschaft ist aus dem Gleichgewicht geraten, darauf haben auch schon Trumps Amtsvorgänger hingewiesen.

Der Euro muss erwachsen werden

Die EU sollte sich in den nun anstehenden Verhandlungen mit den USA daher nicht auf die bequeme Position zurückziehen, alle müssten sich nur an die Regeln halten, dann werde schon alles gut. Auch die Flucht nach vorn – mit noch mehr Freihandelsabkommen mit Japan, Mexico oder den Mercosur-Staaten – ist keine nachhaltige Lösung.

Nein, auch die EU und Deutschland müssen umdenken. Das Ziel sollte sein, nicht nur die Defizite, sondern auch die Überschüsse abzubauen. Dazu müsste allerdings auch die Wirtschafts- und Finanzpolitik angepasst werden. Statt nur die Exporte müsste die EU endlich auch die Binnennachfrage fördern. Der Euro muss erwachsen werden.

Wie es der Zufall will, steht auch dieses Thema auf dem Programm des EU-Gipfels. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat es auf die Tagesordnung gesetzt. Doch Merkel steht auf der Bremse, Beschlüsse sind nicht zu erwarten. Auch bei diesem Thema wartet die EU ab. Dabei wäre schnelles Handeln nötig, bevor Trump die nächste Attacke startet.

23 Mar 2018

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Eric Bonse

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