taz.de -- WDR-„Tatort“ aus Köln: So sind Frauen halt, ne
Das Kommissarduo Ballauf & Schenk feiert mit diesem „Tatort“ sein 20-jähriges Jubiläum. Den Sozialkritikkitsch hätte man sich allerdings sparen können.
Was für eine grandiose Idee. Einen Mordfall rund um die Doppelmoral deutscher Unternehmen zu inszenieren, die in Emirat Katar für die Fußball-WM 2022 bauen. Hochtief, Siemens, Züblin, alle dabei. Während dort auf Baustellen Menschen teilweise wie Sklaven gehalten werden. Das ist zumindest die Fallhöhe, die der Vorschautext suggeriert. Nur, wie soll man sagen: Es spielt keine Rolle. Null!
Ein Bauleiter, obendrein PTSD-kranker Ex-Soldat, arbeitet für ein Architekturbüro in Katar, sein Chef braucht dringend neue Großaufträge, ein paar Männer in weißen Dischdaschas huschen in einer Kölner Luxushotellobby durchs Bild – that’s it. Die Tote im neuen Kölner Tatort „Bausünden“ ist die Empfangschefin jenes Hotels. Und die Gattin des Bauleiters ist verschwunden.
Anders gesagt: Diesen scheinheiligen Sozialkritikkitsch hätte man sich sparen können. Als hätte man ihn über die Story gestäubt wie Puderzucker über einen Kuchen, der total verbrannt ist. Das ist fast schon ekelhaft.
Aber selbst wenn man den gesellschaftspolitischen Rahmen abzieht, bleibt vom Krimiplot der neuen Folge mit dem Kommissarduo Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus Behrendt) nicht viel Substanz. Ohne jetzt Altersdiskriminierung zu betreiben und doofe Klischees zu bestätigen: Aber nach der Einstiegssequenz wundert nicht, dass die Autoren Wolfgang Wysocki und Uwe Erichsen und Regisseur Kaspar Heidelbach Jahrgang 1954 und 1936 sind. Die Kamera fährt langsam champagnerfarbene Bettwäsche entlang, samtrote Highheels, Sektkelche, dazwischen Shades-of-Grey-Peitschen und Halsbänder, softes Doldinger-Gedudel im Hintergrund. Schnitt auf eine Sexszene in der Dusche, Frau wird an die Scheibe gepresst, S/M-Utensilien am Hals, dann Blut im Ausguss. Es war die verschwundene Bauleitergattin, die sich eben immer anderweitig vergnügt, wenn ihr Mann in Katar weilt. So sind Frauen halt, ne.
Nur falls sich wer wundert: Weshalb die Hotelfrau nun umgekommen ist, ist genauso irrelevant wie die Namen der Protagonisten und wer sie spielt. Selbst von Jana Pallaske als Schwester der verschwundenen Gattin bleiben nur die unnatürlich aufgeplusterten Lippen im Gedächtnis. Sorry.
Bär und Behrendt feiern mit diesem Dings ihr 20-jähriges Drehjubiläum. Wieso die Kölner aus ihrem Würstchenbudensenf nicht rauszukommen scheinen, während sich die Münchner Kollegen, fast ebenso lang im Amt, blühend neu erfunden haben, bleibt ein Rätsel. Und jammerschade.
21 Jan 2018
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