taz.de -- Kolumne Eier: Sorry für's Grapschen, Zimtschnecke
Entschuldigt wurde sich viel in letzter Zeit, vor allem von Männern. Aber nicht jede Entschuldigung ist eine gute. Fünf Tipps, wie's doch klappt.
Die Welle an Anschuldigungen gegen Männer in den letzten Monaten hat zu einer Nachwelle an Entschuldigungen geführt, die leider teilweise in die Hose gingen. Klar, immer wenn sich jemand entschuldigt, ist das ein Fortschritt, dem Entschuldiger macht das auch nie besonders großen Spaß. Trotzdem kann man hier viel falsch machen. Eine Entschuldigungs-Grammatik.
Erstens: Eine Entschuldigung muss das Unrecht anerkennen und Verantwortung übernehmen. Eine Entschuldigung ist keine, wenn sie so lautet wie die von Schauspieler Dustin Hoffman im November. Auf Vorwürfe einer damals 17-jährigen Praktikantin aus den 80ern [1][reagierte Hoffman mit den Worten]: „Ein schrecklicher Gedanke, dass etwas, das ich vielleicht getan habe, sie in eine unangenehme Lage gebracht haben könnte. Es tut mir Leid. Das bin ich nicht.“
Schlimm ist hier nicht vornehmlich das Konjunktivgewurste, sondern der Fokus aufs „Ich“. Ja, beim Mistbauen erwischt werden verunsichert. Aber eine Entschuldigung ist nicht der Moment, die eigene Ich-Krise aufzuarbeiten. Genau das findet aber in Männerentschuldigungen immer wieder statt.
Zweitens: Erklärungen sind erwünscht, aber sie sollten nichts weg-erklären. Marke [2][Harvey Weinstein]: „Ich bin in den 60ern und 70ern aufgewachsen, die Verhaltensregeln waren damals andere. So war eben die Kultur.“ Eine bessere Erklärung wäre: Ich hatte die Macht und habe sie ausgenutzt. Das war Mist.
Drittens: Eine Entschuldigung enthält idealerweise ein Versprechen. Sich zu bessern oder alles zu tun, damit so etwas nie wieder vorkommt. Vorbildlich ist hier der Autobauer Ford, der sich kurz vor Weihnachten rückwirkend für mehrere Jahrzehnte strukturellen Sexismus am Arbeitsplatz entschuldigte: „…, auch im Namen aller Ford-Angestellten, die solches Verhalten verurteilen“, [3][schrieb Firmenchef Jim Hackett]. „Wichtiger noch, ich verspreche, dass wir daraus lernen und uns bessern werden.“ Dazu muss man sagen, dass Ford-Mitarbeiterinnen auf diese säuberlich geschnitzte Formulierung jahrelang hatten warten müssen.
Viertens: Eine Entschuldigung enthält kein „aber“.
… ja ich meine Sie, [4][Frau Deneuve]. Den Ehrenplatz in dieser Männerkolumne haben Sie sich verdient. „Ich entschuldige mich bei allen, die mein Statement verletzt hat, aber ich bleibe ansonsten dabei.“ Sorry, das kürzt sich weg.
Und fünftens: Man kann Wiedergutmachungen anbieten – aber gleich mit duftendem Gebäck zur Entschuldigung anzutreten, ist erpresserisch. Schon gar nicht ist eine Entschuldigung mit einem Rezept zu beenden! Das machte Starkoch Mario Batali im Dezember, nachdem vier Frauen ihm Belästigung vorgeworfen hatten. Seine Rundmail mit Bitte um Vergebung schloss Batali [5][mit den Worten]: „P.S. Falls ihr noch ein Frühstück für die Feiertage sucht: Diese Zimtrollen aus Pizzateig sind ein Fan-Favorite!“
Viel Erfolg beim Entschuldigen!
24 Jan 2018
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