taz.de -- Fast ein Jahr Prozess gegen Freital-Gruppe: „Keine Frage des Ob“

Die Bundesanwaltschaft fordert bis zu elf Jahre Haft für die Mitglieder der Terrorgruppe. Es sei ihre Absicht gewesen, Geflüchtete zu töten.
Bild: Die sieben Männer und eine Frau der „Gruppe Freital“ vor dem Prozessbeginn am Mittwoch in Dresden

Dresden taz | Die Ankläger bleiben hart. Im Prozess um eine Angriffsserie auf Geflüchtete und Linke im sächsischen Freital forderte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch hohe Haftstrafen. Bis zu elf Jahre sollen die acht Angeklagten hinter Gitter. Der Terrorvorwurf habe sich bestätigt, sagte Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild im Oberlandesgericht Dresden. „Wir sind überzeugt, dass die letzten Stufen der Gewalt noch nicht erreicht waren.“

Im Sommer 2015 lernten sich die Mitglieder der Gruppe, heute 20 bis 40 Jahre alt, bei Protesten gegen ein Flüchtlingsheim in Freital kennen. Es folgten Angriffe mit illegalen Böllern auf zwei Unterkünfte. Auch das örtliche Linkspartei-Büro wurde attackiert, das Auto eines Linken-Abgeordneten gesprengt. Die Bundesanwaltschaft deklarierte diese Taten als Terror.

Über die Taten wurde seit knapp einem Jahr verhandelt. Es gehe hier nicht um einen Schauprozess, sondern um schwere Gewalttaten, ging Ankläger Hauschild auf Kritik ein. Die Gruppe habe sich konspirativ abgeschottet und ihre Taten genau geplant.

Die eingesetzten Böller hätten teils wie Splitterbomben gewirkt, 130-fach stärker als Silvesterfeuerwerk. Die Opfer seien der Gruppe dabei gleichgültig gewesen. Vielmehr sollten diese bewusst aus der Region vertrieben und ein „Klima der Angst“ erzeugt werden.

Angeklagte beteuerten Reue

„Die Frage nach dem ersten Toten war keine Frage des Ob, sondern eine des Wann“, betonte Hauschild. Den Anschlag auf eine Unterkunft wertet die Bundesanwaltschaft denn auch als versuchten Mord. Dort konnten sich die Flüchtlinge nur vor dem Sprengsatz aus dem Raum retten, weil sie die brennende Lunte sahen.

Als Rädelsführer machte die Bundesanwaltschaft den Busfahrer Timo S. und den Pizzaboten Patrick F. aus. Für sie forderte sie elf und knapp elf Jahre Haft. Für die anderen Angeklagten plädierte sie auf Haftstrafen von fünf bis neuneinhalb Jahren. Mehrere Angeklagte beteuerten im Prozess, ihre Taten zu bereuen. Terroristen seien sie aber keinesfalls. Hauschild sagte, an der Gewalt gebe es nichts zu bagatellisieren. Ein Urteil wird im Februar erwartet.

17 Jan 2018

AUTOREN

Konrad Litschko

TAGS

Freital
Gruppe Freital
Schwerpunkt Rechter Terror
Dresden
Geflüchtete
Gruppe Freital
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
Dresden
Gruppe Freital
Gruppe Freital

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Urteil im Freital-Prozess: Genau richtig

Rechter Terror: Schon zuletzt sprachen Gerichte hohe Haftstrafen für Anschläge aus. Nun setzt der Staat mit seinem Terrorismusurteil ein Zeichen.

Urteil für Gruppe Freital: Sie sind alle Paragraf 129a

Nach einer Gewaltserie gegen Geflüchtete im sächsischen Freital werden acht Angeklagte als terroristische Gruppe verurteilt.

Prozess gegen Freitaler Rechtsextremisten: Wenn der Pizzabote Böller liefert

Böller ins Auto. Sprengkörper ins Asylheim. Parteibüro verwüstet. Ist das Terror? Der Prozess gegen acht Angeklagte geht in Dresden zu Ende.

Dresdner Neonazis vor Gericht: Nach der Jagd auf Flüchtlinge

Den Angeklagten der „Freien Kameradschaft Dresden“ wird vorgeworfen, auf einem Stadtfest 2016 als Bürgerwehr Jagd auf Flüchtlinge gemacht zu haben.

Prozess gegen rechte Terrorgruppe: „Stimmung reinbringen“

Das Geständnis des Hauptangeklagten erhellt das Vorgehen der Terrorgruppe Freital. Sie soll Anschläge auf Asylbewerberheime verübt haben.

Geständnis im Freital-Prozess: „Mal wieder ausrasten“

13 Verhandlungstage schwieg er. Nun legt einer der beiden mutmaßlichen Rädelsführer der „Gruppe Freital“ ein umfassendes Geständnis ab. Reue zeigt er nicht.