taz.de -- Islamist und früherer Neonazi: Haftstrafe für Bombenbau
Nordheimer Islamist Sascha L. wird wegen Anschlagsplänen gegen Polizisten verurteilt. Um des Islam willen hätte er seine eigene Mutter getötet.
Göttingen taz | Polizisten mit Maschinenpistolen stehen auch am Montagvormittag vor dem Eingang des Braunschweiger Landgerichts. Drinnen wird der Islamist Sascha L. von Justizbeamten gefesselt in den Gerichtssaal geführt. Es ist der 13. und letzte Verhandlungstag gegen den 27-Jährigen, an dem die Staatsschutzkammer das Urteil verkündet: Weil er mit einem selbstgebauten Sprengsatz Polizisten oder Soldaten töten wollte, muss L. für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis.
Damit bleibt das Gericht knapp unter der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft Celle, die vergangene Woche eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verlangt hat. Der Verteidiger hat in seinem Plädoyer keinen konkreten Antrag gestellt, das geforderte Strafmaß aber als deutlich zu hoch bezeichnet.
Wie zuvor schon die Anklagebehörde, wertet auch das Gericht das Geständnis von L. als strafmildernd. Der 27-Jährige hatte bereits in seiner polizeilichen Vernehmung und noch einmal zu Beginn des Verfahrens die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Kern bestätigt. Demnach hatte er sich Material zur Herstellung eines fernzündbaren Sprengsatzes verschafft, einen solchen Sprengsatz hergestellt und auch schon getestet. Nach verübtem Attentat wollte L. Videos veröffentlichen, die ihn bei der Ableistung des Treueschwurs auf Abu Bakr al-Baghdadi zeigen, den Anführer des „Islamischen Staates“ (IS).
L. war im Februar in seiner Wohnung im südniedersächsischen Northeim festgenommen worden. Dabei fanden die Ermittler einen Fernzünder, abgesägte Pfandflaschen, hochexplosives Acetonperoxid, Böller, aus denen das Schwarzpulver herausgekratzt worden war, und eine Anleitung zum Bombenbauen. Zu diesem Zeitpunkt habe er die Anschlagspläne aber schon gar nicht mehr verfolgt, sagte L. Im Zuge der Vorbereitungen sei ihm klar geworden, dass sein Vorhaben unsinnig sei.
Das glaubte ihm das Gericht allerdings nicht. Es hielt dagegen, dass L. in seiner Gefängniszelle eine selbstgemalte Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat hängen hatte. Gegenüber seiner Mutter habe er erklärt, dass er im Kriegsfall auch sie töten würde, weil der Islam über allem stehe.
2014 war L. zum Islam konvertiert, er sympathisierte im Internet offen mit dem IS. In seinem Geständnis sagte er aus, dass bei einer früheren Hausdurchsuchung sein Computer beschlagnahmt worden sei. Später habe er zudem wegen eines im Internet geposteten Videos eine Geldstrafe zahlen sollen. Diese „Ungerechtigkeiten“ sowie ein ähnliches Vorgehen gegen andere Muslime hätten ihn zu seinen Anschlagsplänen motiviert. Direkte Verbindungen zum Islamischen Staat konnten L. im Prozess nicht nachgewiesen werden.
Vor seiner Zeit als Islamist warnte Sascha L. vor dem „schleichenden Volkstod“ sowie vor Muslimen, die in Deutschland „die Scharia durchziehen“ wollten. „Ich bin gegen Demokratie, ganz klar Nationalsozialismus“, erklärte L. 2013.
Neben Sascha L. sitzen drei weitere Männer auf der Anklagebank. Ein 27-jähriger Afghane und ein 28 Jahre alter Türke haben dem Gericht zufolge die Anschlagspläne gebilligt. Der eine, der L. wohl auch Geld überwiesen hat, wird wegen Beihilfe zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe verurteilt, der andere muss 100 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Der dritte wird freigesprochen, er hatte ausgesagt, dass er mit dem Islam nichts zu tun haben wolle. Er sei überzeugter Nationalsozialist.
18 Dec 2017
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