taz.de -- Stellenabbau bei Siemens: „Die Politik kann Einfluss nehmen“

Der Konzern fährt satte Gewinne ein, sagt der Berliner IG-Metall-Chef Klaus Abel – von einer Existenzkrise könne also keine Rede sein.
Bild: Kampf um die Jobs: Rund 1.300 Siemensianer demonstrieren vor dem Dynamowerk in Spandau

taz: Herr Abel, 1.300 Siemensianer haben Freitag Vormittag vor dem Dynamowerk in Siemensstadt demonstriert. Wie war die Stimmung?

Klaus Abel: Der Betriebsratsvorsitzende hat eben gesagt: „positiv aggressiv“. Das ganze Werk hat hier draußen demonstriert. Aus anderen Werken kamen Solidaritätsadressen, die Politik war auch da: der Regierende Bürgermeister, Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU, SPD, Linkspartei – alle haben gesagt, dass sie uns im Kampf unterstützen.

Kann die Politik da was machen? Bei Air Berlin letztens war das ja nicht so erfolgreich.

Air Berlin war ein Sanierungsfall, Siemens dagegen hat 6,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Und Siemens-Chef Joe Kaeser ist drauf angewiesen, dass Merkel ihn mitnimmt nach China oder in die USA. Deshalb kann die Politik schon Einfluss darauf nehmen. Nur nutzt Kaeser es aus, dass es aktuell keine handlungsfähige Bundesregierung gibt.

Immerhin: Von einer Werksschließung in Berlin ist nicht die Rede. Glauben Sie das?

Hier beim Dynamowerk soll ja faktisch die ganze Fertigung und Produktion zugemacht werden. Der Engineering-Bereich soll bleiben, aber wir glauben, dass das auf eine Werk-Schließung hinausläuft. Das sind ja sehr anspruchsvolle Produkte: Die bauen Einzelexemplare für Schiffsmotoren oder auch für U-Boote. Da kann ich nicht hier das Engineering haben und dort irgendwo die Produktion.

Und beim Gasturbinenwerk in Moabit?

Da ist es anders, da wollen sie „nur“ 300 Arbeitsplätze abbauen. Auch das ist ein Eingriff in die Substanz, aber das bedeutet im Moment nicht die Schließung.

Es soll ja „möglichst“ keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Für wie realistisch halten Sie das in Berlin?

Wir haben eine Vereinbarung mit Siemens: keine betriebsbedingten Kündigungen, keine Werksschließungen. Jetzt sagen sie, die Krise sei so existenziell, dass sie das nicht einhalten könnten. Aber das ist Quatsch! Es ist doch keine Existenzkrise, wenn ein Unternehmen 6,5 Milliarden Euro Gewinn macht! Die machen auch im Gasturbinenbereich Gewinn, aber eben nicht mehr 12 Prozent, sondern „nur“ noch acht. Wenn sie aber jetzt wirklich in dem Umfang wie angekündigt Arbeitsplätze abbauen, wird das nicht ohne Kündigungen gehen. Dagegen werden wir natürlich Arbeitskämpfe führen. Aber darum müssen auch die aktuellen Pläne geändert werden, damit es nicht so weit kommt.

17 Nov 2017

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Susanne Memarnia

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