taz.de -- Kommentar EU-Mercosur-Vertrag: Freihandel erschwert Agrarwende
Das Abkommen zwischen EU und südamerikanischem Staatenbund ist viel gefährlicher als CETA. Problematisch ist vor allem der Fleischexport.
[1][Das Angebot der EU-Kommission] an den südamerikanischen Staatenbund Mercosur für ein Freihandelsabkommen ist gefährlich. Es würde Verbrauchern, Bauern, Umwelt und Tieren schaden – viel mehr als der bereits abgeschlossene Ceta-Vertrag mit Kanada.
Denn die Kommission hat Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay im Lebensmittelbereich viel mehr angeboten. Beispielsweise wollen die EU-Verhandler den Südamerikanern eine zollfreie Quote von 100.000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr einräumen. Kanada darf ab dem 6. Jahr nach Inkrafttreten von Ceta nur 30.840 Tonnen ohne Importsteuer in die EU liefern.
Aber die Korruption ist in der Fleischbranche etwa Brasiliens viel weiter verbreitet als in Kanada. Das hat zuletzt der Gammelfleischskandal im Frühjahr bewiesen. Konzerne haben reihenweise Kontrolleure und sogar Minister bestochen. Deshalb sind Zusicherungen aus Brasilien wenig wert, dass Fleisch beispielsweise nicht mit in der EU verbotenen Wachstumshormonen produziert wurde.
Aus diesem Grund ist es auch skandalös, dass die Kommission dem Mercosur angeboten hat, südamerikanische Exportbetriebe zu akzeptieren, ohne sie vorher zu kontrollieren. Mehr Fleischimporte aus der Region könnten außerdem dazu führen, dass für die Tierhaltung noch mehr Urwald in der Region abgeholzt wird. Durch die Rodungen würden noch mehr Treibhausgase freigesetzt und so der Klimawandel beschleunigt.
Billiges Fleisch brächte die Pleite
Vor allem aber würden zollfreie Fleischkontingente für den Mercosur die nötige Wende in der europäischen Landwirtschaft erschweren. Die deutschen Bauern beispielsweise halten ihr Vieh derzeit im Schnitt zu schlecht und sie verschmutzen die Umwelt zu stark. Das muss die Branche ändern, auch auf Druck des Staates.
Wenn jedoch gleichzeitig aus Südamerika billiges Fleisch hereinkommt, werden die deutschen Bauern pleitegehen. Sie würden in einem unfairen Wettbewerb unterliegen. So ließen sich weder mehr Tier- noch mehr Umweltschutz durchsetzen.
8 Dec 2017
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Eine Studie legt nahe, dass die globale Viehwirtschaft ihre Treibhausgasemissionen verschleiert. Die nämlich sind viel höher als gedacht.
Einer neuen Prognose zufolge werden EU-Bauern wegen des Abkommens mit Japan ihre Produktion steigern. Das geht auf Kosten japanischer Landwirte.
Der Pazifikstaat ist größter Milchexporteur weltweit. Das Land könne die Produktion allerdings kaum noch steigern, sagt Handelsminister Parker.
Das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten ist auf der Zielgeraden. Vor allem die Agroindustrie Südamerikas hofft auf Marktzugänge.
Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten ist offenbar auf der Zielgeraden. Grüne und Entwicklungsexperten sind alarmiert.
Freihandel sei kein Wert an sich, meinen Kritiker vor dem WTO-Treffen in Argentinien. Die Regierung reagiert misstrauisch.
Die EU-Kommission bietet den Mercosur-Staaten laxere Kontrollstandards bei Lebensmittelimporten an – wenn Europa mehr Autos exportieren darf.
Die Jamaika-Parteien vereinbaren eine verpflichtende Haltungskennzeichnung. Verbraucher sollen Fleisch aus schlechten Ställen meiden können.
Die Zahl der Bauernhöfe in Deutschland sinkt stetig – 5.400 weniger waren es im letzten Jahr. Was bedeutet es für die Bauern, wenn sie aufgeben müssen?
Die niedersächsische Nachwuchsbäuerin Elisabeth Fresen hat erlebt, wie ringsum die Bauern aufgaben. Trotzdem will sie den Hof ihres Vaters übernehmen.
Die argentinische Regierung hofft auf Kontinuität in Deutschland. Merkel lobte die dortigen Marktreformen. Ein Blick aus Argentinien.
Deutschen Firmen gefällt Mexiko, weil die Produktionskosten niedrig sind. Außenminister Gabriel wirbt für noch mehr Zusammenarbeit.
Was hilft gegen Auswüchse der Globalisierung? Transnationale Gewerkschaften sind keine Lösung. Aber vielleicht die "politische Rahmung" des Freihandels?