taz.de -- Nach Bangladesch geflohene Rohingya: Rücknahme mit Birma vereinbart
Birma und Bangladesch einigen sich auf die freiwillige Rückkehr der Rohingya-Flüchtlinge. Doch entscheidende Details bleiben unklar.
Das Neue
In Birmas Hauptstadt Naypyidaw haben die Außenminister beider Länder, darunter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, am Donnerstag eine Absichtserklärung über die Rückkehr der aus Birma vertriebenen Rohingya unterzeichnet. Das teilten das Büro von Birmas De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi sowie Bangladeschs Außenministerium übereinstimmend mit.
Demnach sollen die in den letzten Monaten nach Bangladesch geflohenen muslimischen Rohingya entsprechende Formulare ausfüllen. Nach einer Überprüfung durch Birma sollen in zwei Monaten die ersten Flüchtlinge freiwillig zurückkehren können. Nähere Angaben gab es nicht. Laut Reuters müssen die Rohingya für ihre Rückkehr birmesische Personalausweise oder Registrierungspapiere nachweisen.
Nach dem Angriff von Rohingya-Rebellen auf 30 Militär- und Polizeiposten im westbirmesischen Rakhine-Staat am 25. August ging Birmas von Buddhisten geführtes Militär brutal gegen Dörfer der Rohingya vor. Die meisten Dörfer wurden angezündet, Menschen getötet und Frauen vergewaltigt. Die Vereinten Nationen sprechen von „ethnischer Säuberung“. Rund 630.000 Rohingya flohen ins benachbarte Bangladesch, wo sie unter elenden Bedingungen leben. Dort leben schon mehrere hunderttausend Rohingya, die nach früheren Gewaltwellen aus Birma geflohen sind.
Rohingya werden in Birma seit Jahrzehnten diskriminiert. Birma erkennt sie nicht als Bürger an, sondern nennt sie Bengali, was ihren Status als illegale Einwanderer aus Bangladesch zeigen soll. Doch auch Bangladesch erkennt Rohingya nicht als Staatsbürger an. Die jetzige Vereinbarung bezeichnet die Flüchtlinge weder als Rohingya noch als Bengali.
Die Reaktionen
Bangladeschs Regierung ist erfreut über die Vereinbarung, weil sie innenpolitischen Druck von ihr nimmt. Für Birmas Regierung, vor allem für die international stark in die Kritik geratene Aung San Suu Kyi, reduziert die Vereinbarung den internationalen Druck. Menschenrechtsorganisationen reagierten zurückhaltend, sind doch viele entscheidende Details noch offen.
Die Konsequenz
Die Vereinbarung dürfte kaum praktische Folgen haben, nur wenige Menschen betreffen und vor allem dem Image der beteiligten Regierungen helfen. Die meisten Geflohenen, deren Häuser ja meist angezündet wurden, dürften keine birmesischen Personalpapiere mehr haben. Diese wurden vielen schon vorher verwehrt. Stimmen die Angaben von Reuters, werden viele Flüchtlinge nicht zurückkehren können.
Offen ist, wie Birmas mächtiges Militär dazu steht. Der Armeechef lehnte bereits eine Rücknahme aller Flüchtlinge ab. Ohne Sicherheitsgarantien dürften viele eine Rückkehr als zu riskant sehen. Unklar ist, wieweit die UNO involviert ist. Und da viele Rohingya-Dörfer abgebrannt wurden, macht eine Rückkehr nur mit Wiederaufbauhilfen und Perspektiven Sinn. Sven Hansen
23 Nov 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Zum ersten Mal seit dem Ausbruch des Konflikts in Myanmar gibt das birmesische Militär öffentlich Menschenrechtsverletzungen zu.
Bei seinem Birma-Besuch nennt der Papst die verfolgten Rohingya nicht beim Namen. Ranguns Kardinal hatte ihn gebeten, darauf zu verzichten.
Mehr als 600.000 Rohingya hat Bangladesch mit offenen Armen aufgenommen. Doch eine Integration der Flüchtlinge ist nicht vorgesehen.
Von wem können die Rohingya Hilfe für einen Weg aus ihrer Lage erhoffen? Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortung übernehmen.
Die meisten Birmesen rührt die Flucht der muslimischen Minderheit nicht. Sie setzen trotz demokratischer Lippenbekenntnisse aufs Militär.
Birmas Armee hat die Flucht von 600.000 Rohingya nach Bangladesch untersucht. Es habe keine Gewalt gegen Zivilisten gegeben.
Nach Angaben der UN sind Frauen und Mädchen der Bevölkerungsgruppe massiver Gewalt und systematischen Vergewaltigungen ausgesetzt.
Hunderttausende Rohingya aus Myanmar warten in Bangladesch auf Hilfe. Auf einer Geberkonferenz hat die internationale Staatengemeinschaft nun Hilfe zugesagt.