taz.de -- Bücher und Hörbücher für Kinder: Papa Ratzi und Igel Isidor

„Jedes Tier ist einzigartig“: Kinder(hör)bücher, bei denen Tiere im Mittelpunkt stehen, lehren Klein und Groß einiges über das Leben. Ein Rundgang.
Bild: Abbildung aus dem Band „Jedes Tier ist einzigartig“ von Claudia Honecker&Sabine Pflitsch

James Bond, Starsky & Hutch, MI5 – alles redliche Beschützer der Königin von England. Die wahren Helden aber sind „die königlichen Kaninchen von London“. Nur sie können die Würde Ihrer Majestät verteidigen. Dazu müssen sie die hinterhältigen Ratzis davon abhalten, in das Schlafzimmer der Königin einzudringen. Die Ratzis – mit Smartphone ausgerüstete, übelriechende Ratten, die von einem gewissen Papa Ratzi angeführt werden – wollen dort Fotos von der Königin – Skandal! – ohne Krone schießen und sie auf einer Website veröffentlichen.

Zur Gründung des mit den Jahren etwas eitel gewordenen Geheimbunds kam es, weil ein kaninchenliebendes Mitglied der königlichen Familie erwirkte, dass das Lieblingsessen der Engländer nicht Kaninchenpastete, sondern Kartoffelauflauf sein sollte und so Abertausenden Kaninchen das Leben rettete. Die dankbaren Tiere beschlossen, im Gegenzug fortan das Leben der Queen zu schützen.

Kunde von den ungeheuerlichen Plänen der Ratzis erhalten die königlichen Kaninchen von London von Shylo, einem jungen Landkaninchen, das klein und schwächlich ist, deswegen gehänselt wird und kaum Selbstvertrauen hat. Aber Shylo ist schlau, hat Durchhaltewillen und vor allem – davon wusste er selbst nichts – Mut.

Das englische Autorenpaar Santa und Simon Sebag Montefiore hat ein fesselndes wie hochamüsantes Buch über Mut und Kameradschaft geschrieben und darüber, wie hilfreich ein wenig Zuspruch von außen ist. Peter Lohmeyer liest die Geschichte mit seiner näselnden Stimme herzenswarm und humorvoll. Er verzichtet darauf, die „pädagogisch wertvollen“ Erkenntnisse herauszukehren. Die Folge: faszinierte Kinder und bestens unterhaltene Erwachsene.

Nicht mehr alle Ratten im Schrank

Die Übersetzerin Claudia Müller trägt zu diesem Umstand bei, auch indem sie mit Code-Sätzen wie „Lieber eine Karotte in der Pfote als ein Kohlkopf auf dem Dach“ oder „Du hast wohl nicht alle Ratten im Schrank“ einprägsam abgewandelte deutsche Entsprechungen für Sprichworte gefunden hat.

Bemerkenswerte Tiere, die zusammen in einem Garten wohnen, lässt Claudia Honecker in „Jedes Tier ist einzigartig“ zu Wort kommen. 13 Gedichte hat die Berliner Autorin jeweils einem Tier gewidmet. Anarchisch-gewitzt erzählt sie vom Goldfisch Gerhard, der gern auf dem Rücken schwimmt, oder von der Libelle Lieselotte, die allgemein Fische liebt, aber eine Abneigung gegen Karpfen hegt.

Humorvoll beschreibt sie Maulwurf Manfred, der sich ein wenig weit aus dem Fenster lehnt, mit der Behauptung, er könne fliegen. Von den ihn belächelnden Hasen aufgefordert, seine Behauptung zu beweisen, wächst er über sich selbst hinaus. Die Schnecke Sabrina mag keinen Besuch, weil der ihr Haus beschmutzen könnte, und der Igel Isidor hört erst auf, maulig Unwohlsein vorzutäuschen, als der Specht ihm seine Aufmerksamkeit widmet: „Schielt, als wäre nichts gewesen / und wirkt vollständig genesen.“

Zwischenlanden reimt sich auf Elefanten

Ob Paar- oder Kreuzreim, Honecker hält sich nicht sklavisch an Metrik und auch beim Reimschema bleibt sie gelassen: Da finden Endungen wie „zwischenlanden“ und „Elefanten“ zueinander. Sich zu akzeptieren, wie man ist, lernt Truthahn Theo, als der Pfau ihm weise mitteilt: „Hör auf, mach dich nicht selber madig, denn jedes Tier ist einzigartig.“ Die gleichsam einzigartigen Illustrationen von Sabine Pflitsch transportieren Wesensart und Befindlichkeiten der Tiere direkt ins Langzeitgedächtnis.

Tiere wegzuzaubern – und im besten Fall auch wieder her – ist ein großes Faszinosum und für junge Showhasen ein Kinderspiel, dank „Magic – Zaubershow für Kids“. Der Zauberkasten bewirkt mit wenig Aufwand Großes: Kinder werden geradezu verdonnert, Geheimnisse für sich zu behalten und mit mondäner Geste von Details abzulenken, die die gebannten Zuschauer dazu bringen könnten, die Show als Hokuspokus zu entlarven.

Die 20 beschriebenen Tricks sind nach Schwierigkeit gestaffelt, die allerdings in unserem Hause sehr individuell wahrgenommen wurde: Ein leichter Trick wie „Die magische Münzbox“ war aus Haptikgründen tückischer als der mit drei Sternen als schwierig eingestufte „Die verschwundenen Taschentücher“.

Und auch der Papagei, der – Magie! – plötzlich aus dem Käfig verschwand, saß nach seiner Wiederkehr plötzlich kopfüber auf der Stange. Je nach Alter des Zauberlehrlings empfiehlt es sich, beim Einüben der Tricks behilflich zu sein. Bei der entsprechend dekorierten Zaubershow macht eine reizende Assistentin, die charmant bei den Vorbereitungen helfen kann, enorm viel her.

13 Nov 2017

AUTOREN

Sylvia Prahl

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