taz.de -- UN-Entwicklungsziel „Bildung für alle“: Gar kein Unterricht

264 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit sind im Jahr 2015 nicht zur Schule gegangen. Das zeigt der Weltbildungbericht der Unesco.
Bild: Zwillingsschwestern aus dem Südsudan in einer Schule eines Flüchtlingslagers in Uganda

Wie ungerecht die Welt ist, zeigt eine Zahl: 264 Millionen. So viele Kinder und Jugendliche sind laut dem Weltbildungsbericht der Unesco im Jahr 2015 nicht zur Schule gegangen. Die Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen prangert an, dass sich diese Zahl seit Anfang der 2000er nicht verbessert hat.

Der am Dienstag veröffentlichte Bericht macht außerdem deutlich: Auch bei Kindern, die eine Schule besuchten, sind die Abschlussraten gering. Nur 83 Prozent der Kinder schlossen demnach zwischen 2010 und 2015 die Grundschule ab. An weiterführenden Schulen bis zum Alter von 14 Jahren waren es nur 69 Prozent. Und im oberen Sekundarschulbereich bis 17 Jahren verließen weniger als die Hälfte der Schüler*innen, nämlich nur 45 Prozent, die Schule mit einem Abschluss.

Die Autor*innen des Berichts ermahnen daher Regierungen, das Menschenrecht auf Bildung umzusetzen und einklagbar zu machen. Auch die Bildungsexpertin der Entwicklungsorganisation Oxfam Sandra Dworack kritisiert: „Die Weltgemeinschaft droht krachend an der Umsetzung des UN-Ziels ,Bildung für alle' […] zu scheitern.“ Laut den 2015 beschlossenen UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung sollen 2030 alle Kinder eine kostenlose Grund- und Sekundarschule abschließen.

Doch dazu müssten Politiker*innen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, analysiert der Bericht. Bildungssysteme müssen gerechte Chancen für alle bieten. Doch aktuell haben es vor allen Dingen Mädchen schwer. Und das schon in der Grundschule: Nur 66 Prozent der Länder erreichen dort Geschlechtergerechtigkeit.

Am schlechtesten im Südsudan

Näher beleuchtet hat dieses Problem eine kürzlich veröffentlichte Studie der Organisation One, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten in Afrika einsetzt. Die Organisation stellt darin einen „globalen Bildungsnotstand“ fest. Unter dem Titel „Wo es für Mädchen am schwersten ist, in die Schule zu gehen“ werden zehn Länder aufgeführt, in denen Mädchen bei der Bildung besonders benachteiligt werden.

Darunter sind etwa die Zentralafrikanische Republik, Niger, Tschad und Afghanistan. Am schlechtesten schneidet der Südsudan ab: Dort besuchen fast drei Viertel der Mädchen keine Grundschule. Außerdem gibt die dortige Regierung nur 2,6 Prozent des Gesamthaushalts für Bildung aus.

Laut Unesco-Bericht geben Staaten durchschnittlich knapp fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziehungsweise etwa 14 Prozent der öffentlichen Mittel für Bildung aus. Doch auch das sei viel zu wenig. Für weltweit hochwertige und chancengerechte Bildung fehlen aktuell jährlich 39 Milliarden US-Dollar (33 Milliarden Euro).

25 Oct 2017

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Astrid Ehrenhauser

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