taz.de -- Autokorso zu Deniz Yücels Geburtstag: Trööööööööööööt!
Happy Birthday! Mit einem Geburtstagskorso fordern Demonstranten im Berliner Regierungsviertel die Freilassung des „Welt“-Journalisten.
Berlin taz | Eine Überraschungsparty zum Geburtstag mit Torte und über 600 Gästen – was will man mehr? Dabei sein. Doch das Geburtstagskind Deniz Yücel saß an diesem Sonntag zu seinem 44. Geburtstag seit über 200 Tagen in türkischer Einzelhaft. Der Welt-Korrespondent wurde am 14. Februar wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ und „Volksverhetzung“ festgenommen. Bis heute liegt nicht einmal eine Anklageschrift vor.
Seine Freunde haben den Geburtstag am Sonntag genutzt, um mit einem Korso auf die Situation von Deniz Yücel und der anderen aus politischen Motiven in der Türkei Inhaftierten aufmerksam zu machen.
95 Autos, 8 Motorräder und 140 Fahrräder, so die polizeilichen Zählungen, zogen trötend und klingelnd quer durch die Berliner Innenstadt zum Kanzleramt. Es kamen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, darunter die Satiriker Jan Böhmermann und die Publizistin Carolin Emcke, aber auch Leser, taz-Genossen und Familien, die sich dem Korso spontan anschlossen.
Die Bundesregierung müsse den demokratisch gesinnten Leuten in der Türkei die Türen öffnen, forderte Yücels ehemalige taz-Kollegin und enge Freundin Doris Akrap im Namen der Initiative Freundeskreis [1][#FreeDeniz], die die politische Geburtstagsparty organisiert hatte. Von der Architektur des Kanzleramts akustisch verstärkt, forderte Akrap auch wirtschaftliche Sanktionen. Es sei an der Zeit zu handeln. Gleichwohl: Einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen missbillige der Freundeskreis.
Die Türkei wirtschaftlich härter in die Zange zu nehmen, forderte auch der Berliner Pfarrer Christian Zeiske, ein Bekannter des Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner: „Wieso müssen deutsche Urlauber ihre Bäuche an türkischen Stränden brutzeln, wenn dort unschuldige Menschen in Haft sind?“
Es war der vierte Korso, den die Initiative Freundeskreis #FreeDeniz in Berlin organisiert hatte. Seit dem ersten im Februar sind noch weitere Hashtags dazugekommen, [2][#FreeMesale] und [3][#FreePeter]. Die beiden Deutschen Meşale Tolu und Peter Steudtner sind nach Yücels Verhaftung ebenfalls von der türkischen Justiz unter fadenscheinigen Vorwürfen festgenommen worden. Derzeit sind 12 Deutsche aus dezidiert politischen Gründen in der Türkei in Haft.
„In der Türkei jetzt deutsch zu sein, ist wahrlich kein Vorteil mehr“, verlas sein Anwalt einen Brief des Schriftstellers Doğan Akhanlı an Deniz Yücel. Der türkischstämmige deutsche Schriftsteller sitzt derzeit in Spanien fest, nachdem er per türkischem Haftbefehl zunächst festgenommen und dann wieder freigelassen wurde. Gegen ihn läuft ein Auslieferungsgesuch.
10 Sep 2017
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