taz.de -- Gewalt gegen Rohingya in Birma: Der Konflikt mobilisiert Islamisten
Von Indonesien bis Tschetschenien wird mit der Lage der Rohingya Politik gemacht. Islamisten nutzen den Konflikt, um gemäßigte Muslime zu kritisieren.
BERLIN taz | Hunderte Islamisten haben am Montag in Indonesiens Hauptstadt Jakarta den dritten Tag in Folge vor der Botschaft Birmas (Myanmars) demonstriert. Am Sonntag war ein Brandsatz auf das Gebäude geworfen worden. Die Demonstranten im Land mit der weltgrößten muslimischen Bevölkerung protestieren gegen das [1][Vorgehen von Birmas Militär] gegen die muslimische Minderheit der Rohingya und verlangen von der Regierung in Jakarta, Druck auf die Regierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi auszuüben. Sie forderten: „Stoppt den Genozid an Muslimen in Myanmar.“
Indonesiens Präsident Joko Widodo hatte am Sonntag angekündigt, Außenministerin Retno Marsudi nach Birma und Bangladesch zu schicken. Vor ihrer Reise traf sie sich mit muslimischen Organisationen, die ein sofortiges Ende der Gewalt forderten. Indonesien und Malaysia hatten bereits einmal Hilfsgüter in Birmas Konfliktregion Rakhine geschickt. In den beiden mehrheitlich muslimischen Ländern nutzen Islamisten den Konflikt zur Kritik am gemäßigt islamischen Kurs ihrer jeweiligen Regierung.
Zehntausende Menschen haben Agenturberichten zufolge am Montag auch in der Hauptstadt der russischen autonomen Republik Tschetschenien protestiert. Der dortige Machthaber Ramsan Kadyrow sprach in Grosny nicht nur vom Genozid an den Rohingya, sondern verglich das Vorgehen des birmesischen Militärs mit dem Holocaust. Zugleich kündigte der Verbündete des russischen Präsidenten Wladimir Putin an, „gegen Russland vorzugehen“, sollte Moskau Birmas Militär unterstützen.
Am Montag demonstrierten in Australiens Hauptstadt Canberra 300 Menschen, darunter viele Rohingya, und forderten, den Druck auf Birmas Regierung zu erhöhen.
5 Sep 2017
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