taz.de -- Zerschlagung der Fluglinie beginnt: Air Berlin-Mitarbeiter auf Jobsuche
Gläubiger beraten über die Zukunft der insolventen Airline. Gleichzeitig sucht die komplette E-Commerce-Abteilung online einen neuen Arbeitgeber.
Berlin taz/dpa | „Die vergangenen Wochen waren hart für uns. Aber wir geben nie auf“, wirbt Pascal Volz, E-Commerce-Chef von Air Berlin, seit Mittwoch auf einer eigens geschaffenen [1][Homepage] für die Übernahme seiner gesamten Abteilung mit angeblich 60 Beschäftigten. „Jetzt brauchen wir eine neue Herausforderung“, schreibt Volz. „Wollen Sie Ihren E-Commerce nach vorne bringen?“ Während ein Teil der 8.500 Mitarbeiter von Deutschlands zweitgrößter Airline bereits öffentlich einen neuen Job sucht, begann am Mittwochmorgen die Zerschlagung von Air Berlin.
Nur gut eine Woche nach der Anmeldung der Insolvenz versuchte die Lufthansa bei der ersten Sitzung der Gläubigerversammlung, sich die lukrativsten Teile des einstigen Rivalen zu sichern. Auch wenn sich die Bundesregierung mehrfach öffentlich für die Lufthansa ausgesprochen hatte, erhielt die Airline nach dpa-Informationen vorerst keinen Zuschlag. Einen vorgezogenen Teilverkauf der nicht insolventen Touristiktochter Niki soll es zunächst offenbar nicht geben.
Lufthansa bietet nach wie vor für Niki und weitere Teile von Air Berlin, nicht aber für das komplette Unternehmen, hieß es. Angeblich geht es der Lufthansa um 90 der 144 Maschinen von Air Berlin. Der österreichische Touristikflieger Niki gilt wegen geringer Kosten und einer modernen Airbus-Flotte zu den begehrten Teilen von Air Berlin. Mehrere Medien hatten spekuliert, dass in der ersten Sitzung des Gläubigerausschusses bereits die Aufspaltung der Airline beschlossen werden könnte.
Im vergangenen Jahr hatte sich Lufthansa bereits 38 Air-Berlin-Jets gesichert. Die angemieteten Maschinen sind schon für die Lufthansa-Töchter Austrian und Eurowings unterwegs, gehören aber noch zu Air Berlin.
Nicht nur Lufthansa ist interessiert
Beim Treffen des vorläufigen Gläubigerausschusses ging es zunächst um Formalien. So musste das Gremium der Fortsetzung des Flugbetriebs zustimmen. Zudem sollte ein Zeitplan festgelegt werden.
Nach der Insolvenzankündigung von Air Berlin am Dienstag vergangener Woche hatte die Lufthansa bereits über fortgeschrittene Verhandlungen berichtet. Neben Niki sind die 17 Langstreckenflugzeuge der Air Berlin sowie einige Mittelstreckenflieger interessant für den deutschen Marktführer. Als weitere Interessenten gelten die britische Easyjet und die Thomas-Cook-Tochter Condor. Involviert ist zudem der deutsche Touristikflieger Tuifly, der mit eigenem Personal 14 Flugzeuge für Niki betreibt. Sämtliche Entscheidungen müssen die Kartellbehörden absegnen.
23 Aug 2017
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Air Berlin fliegt vorerst weiter: Die EU-Kommission hat den Überbrückungskredit des Bundes für die insolvente Airline am Montag genehmigt.
Die Fluggesellschaft Air Berlin ist insolvent. Eine Übernahme durch den Marktführer wäre die beste Lösung für die Arbeitnehmer, sagt Christine Behle.
Die Wirtschaftsministerin will die Luftverkehrssteuer abschaffen. Typisch SPD. Sind Arbeitsplätze in Gefahr, ist alles andere zweitrangig.
Schon lange lief wenig rund bei der Fluggesellschaft Air Berlin. Trotzdem: Die Nachricht von der Insolvenz überraschte.
Tegel weiter zu betreiben, ginge nur mit Subventionen, sagt Finanzsenator Kollatz-Ahnen (SPD) – und kritisiert die „Wünsch-Dir-Was“-Mentalität der Tegel-Fans.