taz.de -- Militärmanöver in Venezuela: Keine Angst vorm bösen Ami
Präsident Maduro schwört seine Anhänger ein, sich auf die „imperialistische Invasion“ vorzubereiten, und kündigt ein Militärmanöver an.
Caracas taz | Niemand hat hier Angst vor dem US-Präsidenten! Und damit daran kein Zweifel aufkommt, betonte es der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro gleich mehrmals, als er am Montag auf einer Kundgebung vor dem Präsidentenpalast Palacio de Miraflores in Caracas sprach. „Dieses Land ist entschlossen, die Extremisten, Rassisten und Faschisten zurückzuschlagen“, rief er seinen Anhängern entgegen. Die bestätigten: „Hier ergibt sich keiner!“
Doch es waren auffällig wenige, die dem Aufruf zum „großen antiimperialistischen Marsch“ folgten. Nur etwa 2.500 Menschen demonstrierten gegen die Drohungen des US-Präsidenten, militärisch in Venezuela einzugreifen. Und das trotz der Mobilmachung im staatlichen Fernsehen und in der Zeitung CCS – Revolucion diario, der „täglichen Revolution“, die umsonst auf den Straßen von Caracas verteilt wird. Viele trugen die Uniformen der regierungstreuen zivilen „bolivarischen Miliz“.
Sonst interessierten sich erstaunlich wenige für die Worte des Staatschefs. Zwei eigens für die Demonstration aufgestellte Großbildschirme zeigten Maduros Rede fast ohne Publikum.
Seit Anfang des Monats tagt die von der Regierung gegen die Opposition und internationalen Druck durchgesetzte verfassunggebende Versammlung als eine Art übergeordnetes Staatsorgan. Das von Oppositionellen dominierte Parlament ist seither endgültig machtlos, kritische Politiker werden entlassen, demokratische Spielregeln verletzt.
Bereits in den Wochen zuvor kam es zu gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Auch die Wahl der verfassunggebenden Versammlung wurde von Gewaltexzessen mit zahlreichen Toten begleitetet. Doch mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. Das dürfte auch daran liegen, dass sich das oppositionelle rechte Bündnis MUD in einer Krise befindet. Einige der ihm angehörenden Parteien haben beschlossen, sich für anstehende Regionalwahlen einzuschreiben. Darin sehen viele, die in den letzten Monaten gegen die Regierung demonstrierten, einen Verrat.
Niederlage eingestehen
Deshalb beteiligten sich am vergangenen Samstag auch nur wenige hundert Menschen an einer oppositionellen Demonstration gegen die Absetzung eines Bürgermeisters im mittelständischen Viertel Chacao in Caracas.
Rafael Uzcategui von der der Regierung nahestehenden linken Partei PPT dagegen hält die Entscheidung zur Teilnahme an den Wahlen für konsequent. „Die Opposition muss ihre Niederlage eingestehen und sich den Bedingungen unterordnen“, sagte er der taz.
Auffällig zurückhaltend zeigen sich die Mitglieder des MUD gegenüber Trumps militärischen Avancen. Keiner der führenden Politiker hat sich kritisch geäußert. „Einige von ihnen setzen ja auf eine militärische Intervention“, ist Inti Rodríguez von der regierungskritischen Menschenrechtsorganisation Provea überzeugt. Ähnlich sehe es aber auch in der Bevölkerung aus: „Angesichts der verzweifelten Lage würden viele eine solche Intervention unterstützen“, glaubt er.
Wie zahlreiche lateinamerikanische Regierungen verurteilten aber auch regimekritische venezolanische Organisationen Trumps Drohungen. „Eine mögliche Militäraktion würde nur noch mehr Gewalt bringen und zudem der Regierung die Rechtfertigung für repressive Maßnahmen gegen ihre Kritiker liefern“, schrieben 32 Nichtregierungsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung.
Maduro nutzte die Steilvorlage aus Washington zunächst, um von der Bühne herab die eigene Anhängerschaft zusammenzuschweißen. Nun gelte es, sich auf eine „imperialistische Invasion“ vorzubereiten. Deshalb sollen sowohl Soldaten als auch Zivilisten Ende August an einer militärischen Großübung teilnehmen, verkündete der Staatschef. Sie soll am 26. und 27. August abgehalten werden. Hinter ihm prangte ein Schild, das mit großen Lettern klarstellte: „Donald Trump – raus aus Lateinamerika“.
15 Aug 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Venezuela gibt es Hoffnung auf Gespräche zwischen Regierung und Opposition: Beide Seiten schicken Vertreter für ein Treffen in die Dominikanische Republik.
Tausende müssen sich in Kolumbien mit den Dingen versorgen, die zu Hause nicht zu haben sind. Hilfe im Land kriegen nur Anhänger Maduros.
Die Kongressabgeordneten widersetzen sich der verfassunggebenden Versammlung. Die versucht, alle Macht in den eigenen Händen zu konzentrieren.
Seit Jahren beschwört Venezuelas Präsident Nicolás Maduro US-Interventionspläne herauf. Nun liefert Donald Trump ihm eine Steilvorlage.
Telefonieren mit Caracas: Die Mutter des Autors lebt in Venezuela und ist Chávez noch immer treu. Doch damit ignoriert sie die Wirklichkeit.
US-Präsident Donald Trump droht nicht nur Nordkorea mit dem Militär, sondern auch Venezuela. Zuvor hatte sich dessen Staatchef Maduro um Gespräche bemüht.
Seine Bevölkerung demonstriert gegen ihn, viele Staaten nennen ihn einen Diktator: Wie hält sich Venezuelas Präsident Maduro an der Macht?
Venezuelas Staatschef will den US-Präsidenten am Rande der UN-Vollversammlung persönlich sprechen. Die entlassene Generalstaatsanwältin fürchtet um ihr Leben.