taz.de -- Dragoner-Areal in Kreuzberg: Die Utopie planen

Die Planungen für das Kreuzberger Gelände beginnen. Die Initiativen, die lange gegen die Privatisierung kämpften, dürfen mitentscheiden.
Bild: Viel zu entwickeln: Blick auf das Dragoner-Areal am Mehringdamm

Berlin taz Bis zu fünf Jahre mühsamer Arbeit liegen hinter ihnen, doch jetzt geht es erst richtig los. Für die stadtpolitisch Aktiven, die sich vehement gegen die Privatisierung des Dragoner-Areals am Mehringdamm in Kreuzberg gewehrt haben, beginnt der ersehnte Prozess der Gestaltung des 47.000 Quadratmeter großen Geländes. Zusammen mit den Sanierungsbeauftragten und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg laden die Initiativen am heutigen Dienstag zu einer Informationsveranstaltung, die den Auftakt zu einem intensiven Beteiligungsprozess im „Sanierungsgebiet Rathausblock“ bieten soll.

Dass es nun die Möglichkeit gibt, das ehemalige Kasernengelände zu einem städtebaulichen Modellprojekt zu entwickeln, wie es den Initiativen vorschwebt, war noch vor Kurzem nicht absehbar. Erst im Dezember machte der Bund den Verkauf an einen Privatinvestor rückgängig, im Mai folgte dann – im Rahmen der neuen Hauptstadtverträge – die Übergabe des Grundstücks an das Land Berlin.

Die Planung beginnt jetzt bei „Phase null“, wie es Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) ausdrückt: Die Politik verzichtet auf Vorgaben. Das ist ganz im Sinne etwa von Lisa Vollmer, aktiv bei der Initiative „Stadt von unten“, die seit drei Jahren um das Kreuzberger Filetgrundstück kämpft. „Wir hatten Angst, dass ein Beteiligungsverfahren von oben verordnet wird.“

Doch nun geht es im ersten Schritt um die „Beteiligung an der Beteiligung“, so Schmidt. Gesteuert von dem Sanierungsbüro S.T.E.R.N., sollen die weiteren Verfahrensschritte erarbeitet werden. Das Ziel ist, die allgemeinen Sanierungsziele – Schaffung von Wohnraum und Infrastruktur – zu konketisieren, wie Geschäftsführer Theo Winters sagt.

Bis schließlich ein städtebaulicher Wettbewerb stattgefunden hat und ein Bebauungsplan aufgestellt ist, können drei bis vier Jahre vergehen. Was grundsätzlich dabei herauskommen soll, haben „Stadt von unten“, die Gewerbetreibenden – zwei Clubs, eine Taxischule, Handwerksbetriebe –, eine gedenkpolitische sowie weitere nachbarschaftliche Initiativen bereits formuliert. Die wichtigsten Punkte: Zu 100 Prozent sollen Wohnungen mit bezahlbaren Mieten entstehen, und alle Gewerbetreibenden sollen bleiben dürfen.

Vollmer spricht von einer „konkreten Utopie“ – der Verbindung des sozialen Anspruchs im kommunalen Wohnungsbau mit den demokratischen Prinzipien selbstverwalteter Wohnprojekte. „Das Gute von beiden zusammenführen“ sei das Ziel. Entstehen könnten also Hunderte günstige Wohnungen – Privatisierung ausgeschlossen –, dazu Flächen für soziale Infrastruktur und Gewerbe.

Bei Florian Schmidt hört sich das kaum anders an: Sein Leitbild sei die „Kreuzberger Mischung“ aus bezahlbarem Wohnen, Gewerbe, Kultur und Infrastruktur. Er erhofft sich die Entwicklung von Modellen, die „die Ökonomie des Wohnens neu beleuchten“, so Schmidt – also etwa Kooperationen zwischen gemeinwohlorientierten Trägern und Wohnungsbaugesellschaften. Auch neue Konzepte für die Verbindung von Wohnen und Arbeiten könnten entstehen.

18 Jul 2017

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Erik Peter

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