taz.de -- Kolumne Leipziger Vielerlei: Böller und Hyper Hyper
Während G20 ist die Stimmung auch in Leipzig angespannt. Der lärmende Höhepunkt der Woche ist dann aber doch ein anderer.
Freitagabend wird etwas passieren. Wenn in Hamburg der G20-Gipfel beginnt – da muss es doch auch in Leipzig krachen. Und wo? Natürlich im Süden, da wo auch dieses linke Connewitz ist. Seit letztem Wochenende ist man dort in Alarmbereitschaft: 80 Vermummte zogen durch den Stadtteil, bewarfen Busse mit Böllern und steckten Mülltonnen in Brand. Auf dem linken Portal „indymedia.org“ tauchte ein anonymes Bekennerschreiben auf: Anlass sei nicht nur die Räumung der „Friedel 54“, eines besetzten Hauses in Berlin-Neukölln, gewesen, sondern auch der Gipfel. Und: Es wurde zu weiteren Aktionen aufgerufen – „Jede Form des Protests wird benötigt!“
Als dann am Montag schlappe 300 Menschen in Leipzig gegen G20 demonstrierten, reagierte die Polizei lieber überempfindlich – mit einem Großaufgebot inklusive Hubschraubereinsatz. Das mit dem unverhältnismäßig großen Polizeieinsatz scheint nicht nur in Hamburg ein Problem zu sein.
Jürgen Kasek, dem Chef der Grünen in Sachsen, wäre es wohl auch lieber, wenn es die restliche über Woche ruhig bliebe. Nachdem er am Samstag bei der Global Space Oddissey zusammen mit 1.700 anderen gegen Rassismus und Sexismus in der Clubszene angetanzt hatte, musste er auf dem Heimweg gleich unter Beweis stellen, wie ernst es ihm wirklich mit der Zivilcourage ist. Am Bayrischen Bahnhof beobachtete er einen Streit zwischen zwei Männern und einer Radfahrerin. Auf seine Nachfrage bekam er prompt eine auf’ Maul. Ein Cut über dem Auge ist ihm davon geblieben.
In Leipzigs Süden sind nun schon seit Tagen Straßen gesperrt, Straßenbahnen können nicht mehr passieren. Gegen Abend, wenn sich in Hamburg die Mächtigen die Klinke in die Hand geben, hört man vom Völkerschlachtdenkmal aus nur Lärm. Ohrenbetäubenden Lärm und: „Hyper! Hyper!“ Demonstranten? Nein: „Scooter“ mit 90er-Jahre Hard-Techno. Ob man da jetzt aufatmen soll?
8 Jul 2017
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