taz.de -- Krise am Golf: Iranisches Obst und Gemüse für Katar
Der Iran schickt Flugzeuge mit Lebensmitteln ins isolierte Katar. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnt unterdessen vor einem weiteren Golf-Krieg.
Teheran/Frankfurt a.M. afp | Nach der Blockade durch mehrere arabische Länder hat der Iran fünf Flugzeuge mit Lebensmitteln nach Katar geschickt. Die Maschinen brachten 90 Tonnen frische Nahrungsmittel, hauptsächlich Obst und Gemüse, in das Emirat, wie ein Sprecher der staatlichen Fluggesellschaft Iran Air der Nachrichtenagentur AFP sagte. Ein sechstes Flugzeuge sollte demnach am Sonntag starten.
In der iranischen Hafenstadt Dajjer, die gegenüber von Katar am Persischen Golf liegt, sollen zudem bald drei Schiffe mit 350 Tonnen Lebensmitteln auslaufen, wie die Nachrichtenagentur Tasnim unter Berufung auf den Hafenchef meldete. Wenn Katar darum bitte, werde es weitere Lieferungen geben, sagte der Sprecher der Fluggesellschaft. Ob es sich um normale Exporte oder Hilfslieferungen handelte, war zunächst unklar.
Katar kündigte unterdessen an, in dem Emirat lebende Staatsbürger aus Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten vorerst nicht auszuweisen. Die Regierung in Doha werde „keine Maßnahmen“ gegen Bewohner des Emirats mit den Staatsangehörigkeiten der Länder ergreifen, die im Zuge einer „feindlichen und tendenziösen Kampagne“ ihre Beziehungen zu Katar abgebrochen hätten.
Betroffen sind nach offiziellen Angaben mehr als 8.250 Saudi-Araber, knapp 2.350 Bahrainer und rund 780 Menschen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Anerkennende Worte für Tillerson
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte am Wochenende vor einem Krieg in der Region. „Es besteht die Gefahr, dass aus dieser Auseinandersetzung ein Krieg werden könnte“, sagte Gabriel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Härte des Umgangs zwischen Brudernationen und Nachbarstaaten nannte er „dramatisch“.
Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten Anfang der Woche die diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen und eine umfassende Blockade gegen das Emirat verhängt. Riad bezichtigt die Regierung in Doha, terroristische Organisationen zu unterstützen. Es geht aber auch um den Streit zwischen den beiden verfeindeten Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft in der Region.
Gabriel fand anerkennende Worte für US-Außenminister Rex Tillerson, mit dem er die Krise am Freitag telefonisch erörtert hatte. Tillerson habe durch eine „sehr kluge und besonnene Haltung“ viel zur Beruhigung des Konflikts beigetragen. „Seine klaren Stellungnahmen sind sehr hilfreich“, sagte Gabriel, ohne US-Präsident Donald Trump zu erwähnen.
Tillerson hatte Saudi-Arabien und seine Verbündeten dazu aufgerufen, die Blockade zu lockern. Trump hatte dagegen seine Unterstützung für das saudiarabische Vorgehen bekräftigt. Gabriel hatte in dieser Woche persönliche Gespräche mit seinen Kollegen aus Saudi-Arabien, Katar und der Türkei zu der Krise geführt und mit den Außenministern des Irans und Kuwaits telefoniert.
Nach seinen Gesprächen wisse er um den Ernst der Lage, es gebe aber auch gute Chancen voranzukommen und eine weitere Eskalation zu verhindern, sagte Gabriel. Gespräche zwischen den Widersachern seien dafür unverzichtbar.
11 Jun 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Paukenschlag: Das Golfemirat hat mit Saudi-Arabien eine Rechnung offen. Und auch andere Opec-Mitglieder sind unzufrieden.
Katar zieht seine Truppen zwischen Eritrea und Dschibuti ab. Die UN und die AU machen sich Sorgen wegen eines neu entfachten Grenzkonflikts.
Iran und Saudi-Arabien bestehen nicht nur aus zwei Regimen, sondern auch aus zwei Gesellschaften. Und die sind grundverschieden.
Um Terror geht es bei der Isolierung des Emirats nur am Rande. Saudi-Arabien will mehr Einfluss, ebenso die Türkei. Ein riskantes Spiel.
Der Boykott arabischer Länder gegen Katar nutzt derzeit keinem. Ringen sich die Staaten zu einem Kompromiss durch oder kommt es zum Krieg?
Inmitten der Krise in der Golfregion hätten Hacker Al-Dschasira angegriffen, sagt der katarische Sender. Die Website war kurzzeitig nicht aufrufbar.
Analog zum Protest gegen die Niederlande wird in der Türkei nun für Katar protestiert. Die albernen Demos veranschaulichen die Außenpolitik.
Diplomatischer Zwist mit anderen Mitteln: Der katarische Sportfernsehsender „beIN“ wird von ägyptischen Fußballclubs boykottiert.
Ob die Krise um Katar und der Doppelanschlag im Iran direkt zusammenhängen, ist unklar. Die Stabilität der Region wird durch beides gefährdet.
Katars Verhältnis zum Iran ist nicht konfliktfrei, aber auch nicht schlecht. Andere arabische Staaten haben damit ein Problem.
Die Katar-Krise hat Folgen für die Türkei. Das Emirat ist der letzte Verbündete Erdoğans im Nahen Osten. Wie abhängig ist er vom Geld aus dem Golf?
Trump hat Saudi-Arabien einen Freibrief erteilt, den Konflikt mit Katar und dem Iran zu eskalieren. Das könnte zum Krieg führen.
Das neue arabische Bündnis richtet sich nicht nur gegen Katar. Seine wichtigeren Gegner sind die Islamische Republik Iran und Erdoğans Türkei.