taz.de -- Kommentar Gemeinnützige Mieten: Maggie statt Mieterförderung

Der Deutsche Mieterbund hat Recht: Ohne staatliche Förderung wird es nicht mehr Wohnungen für Arme geben. Die SPD checkt das nicht.
Bild: Schiefes Bild: Die SPD will Eigentum statt Mieten fördern – das hätte auch Maggie Thatcher gefallen

Der Deutsche Mieterbund (DMB) ist eine ziemlich sozialdemokratische Veranstaltung. Sein Präsident Franz-Georg Rips war eine Zeit lang parallel zu seinem Mieterbund-Amt auch SPD-Bürgermeister im nordrhein-westfälischen Erftstadt, sein Direktor Lukas Siebenkotten SPD-Fraktionschef in Viersen. In Berlin organisieren sich Aktivisten lieber rund um die linkere Mietergemeinschaft als um den etwas behäbigen Mieterbund-Ableger.

Umso bemerkenswerter ist, wie sich der DMB vor seinem diesjährigen Mietertag von der SPD absetzt. Das betrifft die Gesamtbilanz der Mietenpolitik der Bundesregierung, welcher der DMB [1][ein „insgesamt unbefriedigend“ attestiert] – und die Pläne zur neuen Wohnungsgemeinnützigkeit im Besonderen.

Kommunalen und kirchlichen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Stiftungen soll es durch Steuererleichterungen ermöglicht werden, neue Wohnungen zu errichten. Im Gegenzug müssen sie sich verpflichten, eine Miete unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete anzubieten. Grüne und Linke hatten solche Konzepte schon vor einiger Zeit vorgelegt, jetzt zieht der DMB nach.

Die SPD debattiert zwar gelegentlich darüber, im Entwurf des Wahlprogramms ist es aber bei der vagen Formulierung „wir werden den nicht-profitorientierten Sektor auf dem Wohnungsmarkt stärken“ geblieben. Sehr konkret heißt es dagegen, der „Erwerb von Wohneigentum für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen“ solle „durch ein sozial gestaffeltes Familienbaugeld“ gefördert werden. Eigentums- statt Mieterförderung – das hätte auch Maggie Thatcher gefallen.

Der Bestand an billigen Wohnungen lässt sich nicht ohne staatliche Förderung erhöhen. Derzeit bremst die Schuldenbremse auch die kommunalen Wohnungsunternehmen. Mit der Wohnungsgemeinnützigkeit ließe sich mehr bauen. Wer darauf verzichtet, wird auch in der nächsten Wahlperiode ein „unbefriedigend“ kassieren.

7 Jun 2017

LINKS

[1] /Bilanz-des-Mieterbundes/!5412155

AUTOREN

Martin Reeh

TAGS

Mieten
SPD
Wohnungen
Sozialwohnungen
Sozialwohnungen
Mietpreisbremse
Schwerpunkt Flucht
Mietenprotest
Mietspiegel

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte um Neubau von Wohnungen: Billig dank Wohngemeinnützigkeit

Gemeinnutz als Schlüssel: Die Grünen haben errechnen lassen, wie sich ein anderes Fördersystem auf den Wohnungsmarkt auswirken könnte.

Bilanz des Mieterbundes: Wenig Erfolg beim Wohnungsbau

Nach knapp vier Jahren Großer Koalition bilanziert der Mieterbund: Der soziale Wohnungsbau läuft zu langsam, die Mietpreisbremse wirkt nicht.

Mietpreisbremse wirkt nicht: Des Altbaus neue Kleider

Hamburgs Mietpreisbremse ist rechtlich unwirksam, entschied das Amtsgericht Altona. Mietervertreter kritisieren, dass sie auch sonst zu wenig bringt.

Unterbringung von Flüchtlingen: Das neue Zwischenwohnen

Viele neu gebaute Häuser für Flüchtlinge sind durch eine Ausnahme im Baurecht entstanden. Ganz selbstbestimmt können Flüchtlinge hier nicht wohnen.

Protest gegen Verdrängung in Berlin: Kira çok yüksek – die Miete ist zu hoch

Zum fünften Geburtstag ihres Protesthäuschens am Kottbusser Tor: ein Gespräch mit der Initiative Kotti&Co über die Kraft gemeinsamen Widerstands.

Mieten in Berlin ganz offiziell gestiegen: Spiegel der Begehrlichkeiten

Laut dem neuen Mietspiegel sind vor allem kleine und große Altbauten teurer geworden. Ihre Bewohner müssen mit einer Mieterhöhung rechnen.