taz.de -- Selbstmordanschlag in Afghanistan: Die Botschaft wurde gewarnt

Die deutsche Botschaft soll vor dem Anschlag eine Warnung vor der Lkw-Bombe erhalten haben. Nahe Kabul kommt es zu einer weiteren Explosion.
Bild: Kabul am Donnerstag: Beerdigung eines der 90 Opfer des Anschlags vom Vortag

BERLIN taz | Nach dem schweren Bombenanschlag am Mittwoch in Kabul mit rund 90 Toten und 460 Verletzten hat sich in Afghanistan am Donnerstag eine weitere ähnliche Attacke ereignet – mit weitaus weniger Opfern. In der Ostprovinz Nangarhar sprengte sich vor dem Luftwaffenstützpunkt von Dschalalabad, der auch vom US-Militär genutzt wird, ein Selbstmordattentäter mit einem Auto in die Luft.

Nach bisherigen Erkenntnissen wurde dabei ein afghanischer Wächter getötet, ein weiterer und drei Zivilisten verwundet. Wie nach dem Anschlag am Mittwoch bekannte sich noch keine Gruppe zu der Tag.

Einen Tag vorher, ebenfalls in Nangarhar, überlebte ein Distriktgouverneur einen dritten Autobombenanschlag. Laut Regierung wurden dabei zwei Frauen und vier Kinder verletzt. Für diesen Anschlag übernahmen die Taliban die Verantwortung.

Der afghanische Geheimdienst hatte noch am Mittwochabend das mit den Taliban assoziierte Haqqani-Netzwerk „in direkter Kooperation mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI“ für den schweren Anschlag in Kabul verantwortlich gemacht.

Das Netzwerk verübte bereits früher ähnliche Anschläge in Kabul und ist für seine langjährigen engen Bindungen zum ISI bekannt. Der Chef dieses Netzwerks ist einer der beiden Stellvertreter von Talibanchef Mullah Haibatullah Achundsada.

Präsident Aschraf Ghani ordnete am Donnerstag nach noch unbestätigten afghanischen Agenturberichten die Hinrichtung elf verurteilter Taliban- und Haqqanikämpfer an.

Warnung vor LKW-Bombe

Unterdessen wurde in Kabul bekannt, dass die deutsche Botschaft offenbar drei Tage vor dem Anschlag konkrete Warnungen vor einer Lkw-Bombe gegen ein „hochrangiges Ziel“ erhalten hatte. Danach wurden Mitarbeiter vorsorglich umquartiert.

Die Warnung, so erfuhr die taz aus Geheimdienstkreisen, ging auch an den afghanischen Geheimdienst. Deshalb konnten die afghanischen Wachen nahe der Botschaft den für den Anschlag verwendeten Abwassertanker stoppen.

Dabei trug er das Zeichen der Firma, die normalerweise in diesem Gebiet arbeitet. Doch sei der Fahrer den Wachen nicht bekannt gewesen. Offenbar waren auch andere Botschaften informiert, die Treffen außerhalb absagten.

1 Jun 2017

AUTOREN

Thomas Ruttig

TAGS

Schwerpunkt Afghanistan
Taliban
Aschraf Ghani
Selbstmordanschlag
Asyl
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Kabul
Schwerpunkt Afghanistan
Kabul
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan

ARTIKEL ZUM THEMA

Afghanische Flüchtlinge: Mit deutscher Sicherheit

Im Oktober 2016 erklärte Innenminister de Mazière einige Regionen Afghanistans für sicher. Viele Flüchtlinge kämpfen seitdem gegen ihre Abschiebung.

Suizidanschlag in Afghanistan: Mehrere Tote bei Angriff auf Moschee

Das schiitische Gotteshaus war beim Attentat voll besetzt. Neben drei Zivilisten und einem Polizisten starben auch die beiden Angreifer. Das Motiv ist unklar.

US-Angriff auf IS-Stellung in Afghanistan: Im Schatten der Megabombe

Warum haben die USA am 13. April in Ostafghanistan die größte je gezündete nichtnukleare Bombe abgeworfen? Vor Ort sind die Meinungen gespalten.

Gewalt in Kabul: Unsichere Friedenskonferenz

Die afghanische Hauptstadt wird weiterhin von Gewalt erschüttert. Nach den Anschlägen der vergangenen Woche schlug eine Rakete nahe der Konferenz ein.

Anschlag auf Begräbnis in Kabul: Mindestens 20 Tote

In wenigen Tagen sind in der afghanischen Hauptstadt durch Anschläge mindestens 110 Menschen gestorben. Nun sind bei einem Begräbnis Bomben explodiert.

Nach Anschlag in Afghanistan: Tote nach Protesten in Kabul

Rund 1.000 Menschen sind in Kabul auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Die Polizei schlug den Protest nieder.

Kommentar Sicherheitslage Afghanistan: Keine Deutschen unter den Opfern

Nach dem Anschlag in Kabul wurde zwar ein Abschiebeflug ausgesetzt. Doch die Bundesregierung hat ihre Skrupellosigkeit zu oft deutlich gezeigt.

Nach dem Anschlag in Afghanistan: Abschiebeflug verschoben

Der Flug soll aus organisatorischen Grünen nicht starten. In den nächsten Tagen soll es keine Abschiebungen geben, sie werden aber nicht grundsätzlich ausgesetzt.

Selbstmordanschlag in Kabul: Explosion im Diplomatenviertel

Der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt in Afghanistan blutig. In der Hauptstadt Kabul reißt eine Autobombe viele Menschen in den Tod.

Bombenexplosionen in Afghanistan: Zahlreiche Tote und Verletzte

Bei zwei Bombenexplosionen in Afghanistan kommen erneut über 20 Zivilisten ums Leben. Im Norden des Landes gibt es verlustreiche Kämpfe mit den Taliban.

Krise in afghanischer Regierung: Abflug eines Warlords

Vizepräsident Dostum geht ins türkische Exil. Offiziell, um sich behandeln zu lassen. Tatsächlich stecken aber wohl schwerwiegende Vorwürfe dahinter.