taz.de -- Medien in der Ukraine: Russische soziale Netzwerke blockiert

Präsident Petro Poroschenko verhängt per Dekret eine dreijährige Sperre. Fraglich ist jedoch, ob das Verbot durchgesetzt werden kann.
Bild: Auch auf der Sanktionsliste: Das russische Netzwerk VKontakte

Kiew taz | Ukrainische Provider müssen ab sofort den Zugang zu sozialen Netzwerken sperren, deren Server in Russland stehen. Das sieht ein Dekret vor, das der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Dienstag unterschrieben hat. Mit der Veröffentlichung des Erlasses sind die ukrainischen Provider verpflichtet, Internet-Portale wie mail.ru, die sozialen Netzwerke „Vkontakte“ und „Odnoklasniki“ zu blockieren, die in der Ukraine beliebter sind als deren US-Pendant „Facebook“.

Besitzer dieser Netzwerke ist der aus Usbekistan stammende russische Staatsbürger Alischer Usmanow. Der neue und für drei Jahre gültige Poroschenko-Erlass, der insgesamt 1.228 natürliche Personen und 468 juristische Personen in Russland sanktioniert, ist eine weitere Verschärfung der ukrainischen Strafmaßnahmen gegen Russland. Diese waren im Zuge des Konfliktes im Donbass verhängt worden.

Neben den russischen sozialen Netzwerken sind auch Firmen wie „Aeroflot“, mehrere russische Fernsehkanäle, die nun nicht mehr über ihre Aktiva in der Ukraine verfügen können, das populäre Buchhaltungsprogramm „1C“, mit dem 80 Prozent der ukrainischen Firmen arbeiten, und bekannte E-Mail-Anbieter wie mail.ru und Yandex sowie die Anti-Viren-Software Kaspersky und „Doktor Web“ betroffen.

Der Erlass belegt auch wirtschaftliche Beziehungen zu einer Weinfabrik auf der Krim, Hotels und Sanatorien auf der von Russland annektierten Halbinsel und zur russischen Lottogesellschaft MSL mit einem Verbot.

Eine der betroffenen Personen ist der aus Donezk stammende und in Russland lebende Sänger Josif Kobson. Ihm wurden mit dem Poroschenko-Erlass alle staatlichen ukrainischen Auszeichnungen und Ehrungen entzogen.

Umgehen verbotener Internet-Seiten

Insbesondere „VKontakte“ ist in der Ukraine sehr beliebt. Dort hat sich nach eigenen Angaben die Besucherzahl allein im letzten Jahr von 16 auf 17 Millionen pro Tag erhöht. „Für mich ist ‚VKontakte‘ ein Download-Paradies, das nun geschlossen wird“, beklagt sich der 36-jährige Journalist Andrej. „Ich habe jede Menge Filme von ‚VKontakte‘ downgeloaded und war mir gleichzeitig sicher, dass der russische Provider niemals den ukrainischen Behörden meine Daten weitergeben wird. Damit wird es jetzt wohl zu Ende sein.“

Doch es ist fraglich, ob das Verbot der russischen Internet-Ressourcen in der Praxis greift. Am Dienstag waren diese Ressourcen in der Ukraine erreichbar. Die Provider seien nicht in der Lage, dieses Verbot zu hundert Prozent umzusetzen, erklärte Alexander Fedienko, Vorsitzender der ukrainischen „Internet-Assoziation“ gegenüber ukrainischen Medien. Und die Zeitung Vesti veröffentlichte sofort nach Bekanntwerden des Poroschenko-Erlasses eine Liste der wichtigsten Programme, die einen Zugang zu blockierten Internet-Seiten erlauben.

Letztlich könne man auch nach dem Proschenko-Erlass weiter russische soziale Netzwerke besuchen, so Vesti. Man müsse nur damit leben, dass die Software zum Umgehen verbotener Internet-Seiten das Surfen im Internet verlangsame.

Möglicherweise werden sich ukrainische Internet-Nutzer auch bei Usern in Donezk und Lugansk Rat holen. Dort sind seit über einem Jahr fast alle ukrainischen Nachrichtenportale gesperrt. Mittlerweile hat man dort gelernt, wie man anonym surft und die Sperrung von Internet-Seiten umgeht.

16 May 2017

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Bernhard Clasen

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