taz.de -- Kolumne „So nicht“: Was bisher geschah
Die Bundeskanzlerin fordert. Der Außenminister hofft. Die Bundesregierung will alles tun. Der Papst schweigt. Martin Schulz verschränkt die Arme.
Der ehemalige Bundespräsident
ist sehr besorgt.
Der Außenminister
ist in großer Sorge.
Die EU-Kommission
ist ernsthaft besorgt.
Das französische Außenministerium
ist tief besorgt.
Der türkische Präsident besorgt weiter Recht und Ordnung.
Der Bundespräsident fordert
die Freilassung des deutschen Staatsbürgers Yücel.
Die Bundeskanzlerin fordert
die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards.
Der Außenminister fordert
konsularische Betreuung.
Die Bundesregierung fordert
Zugang zur inhaftierten deutschen Staatsbürgerin Tolu.
Der türkische Präsident fordert die Forderungen nach Todesstrafe zu respektieren.
Die Bundesregierung hofft
auf eine rasche Lösung.
Die Bundeskanzlerin hofft
auf ein faires Verfahren.
Der Außenminister hofft
auf regelmäßige Besuche.
Das Auswärtige Amt
hofft auf eine ehrliche Freundschaft.
Der türkische Präsident hofft, dass alles so weitergeht.
Politiker erhöhen den Druck
auf die Türkei.
Die EU verstärkt den Druck
auf Erdoğan.
Der Druck der Bundesregierung
auf Ankara wächst.
Der Druck auf die Bundesregierung
wächst.
Der türkische Präsident erhöht den Druck auf seine Gegner.
Die Bundesregierung will
aufmerksam verfolgen, wie sich die Türkei bei der Aufklärung der Unregelmäßigkeiten verhält.
Die Bundesregierung will
sich um einen konstruktiven Dialog bemühen.
Der Außenminister will
den Umgang mit Yücel politisch inakzeptabel finden.
Die Bundeskanzlerin will
alles in ihrer Macht Stehende tun, damit Yücel frei …
äh … also im Wortlaut der Bundeskanzlerin:
„Deshalb denken wir an Deniz Yücel, dessen Freilassung wir fordern. Die Bundesregierung wird alles tun, damit genau das geschieht.“
Es muss also heißen:
Die Bundesregierung will
alles tun, damit die Freilassung von Yücel gefordert wird.
Der Papst
schweigt.
Martin Schulz
verschränkt die Arme.
Die ARD
möchte sich lieber nicht mit der Pressefreiheit gemein machen.
Die Bundesregierung
wirft der Türkei Völkerrechtsbruch vor.
Der türkische Präsident lässt weiter
verhaften,
verurteilen,
verprügeln,
verbieten,
verzweifeln.
Wenn Politikern oder Diplomaten noch was einfällt, das den türkischen Präsidenten wirklich beeindruckt, wär' gut.
15 May 2017
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