taz.de -- Kommentar Ungarns Hochschulgesetz: EU geht gegen Orbán vor
Die EU verlöre Glaubwürdigkeit, ließe sie Orbáns Hochschulgesetz durchkommen. Das Vertragsverletzungsverfahren ist folgerichtig.
Viktor Orbán ist zu weit gegangen. Sein Zurechtstutzen von Demokratie und Freiheitsrechten mittels Salamitaktik ist jahrelang erfolgreich gewesen. Die Presse ist domestiziert, die Justiz ist an die Kandare genommen, Oppositionelle sind aus allen maßgeblichen Ämtern entfernt worden.
Meist waren die von ihm initiierten Gesetze so geschickt formuliert, dass die EU keine Handhabe für ein Vertragsverletzungsverfahren hatte. Aber mit dem Gesetz, das die Schließung der renommierten Central European University (CEU) in Budapest zur Folge hätte, und mit einer Volksbefragung voller Suggestivfragen gegen die EU, geht er auf offenen Konfrontationskurs mit Brüssel.
Mit gespielter Unschuldsmiene mussten Ungarns Botschafter ausrücken, um den Vorstoß zu verteidigen. Es gehe gar nicht um die CEU von George Soros, sondern um die Qualität von Wissenschaft und Lehre. Schon komisch, dass einzig die ungarische Regierung an der Qualität dieser Hochschule für die neue Generation aus den Transformationsstaaten etwas auszusetzen hat.
Aber Soros, der übrigens keinerlei Einfluss auf die von ihm gegründete und subventionierte Universität ausübt, ist nun einmal ein Feind, dessen Vorstellungen von einer offenen Gesellschaft mit dem Weltbild von Orbán nicht kompatibel sind.
Die EU würde ihre Glaubwürdigkeit verlieren, ließe sie Orbán mit diesem neuerlichen Affront davonkommen. Die Freiheit der Wissenschaft darf nicht verhandelbar sein. Und die Fragen des seltsamen Referendums, das vor allem gegen die Flüchtlingspolitik der EU gerichtet ist, lesen sich, als würde man den Uxit vorbereiten. Aber dafür gäbe es keine Mehrheit.
Und auch Orbán selbst kann kein Interesse haben, auf die üppigen Subventionen aus Brüssel zu verzichten. Die Kommission hat zunächst ein Mahnschreiben abgeschickt. Das ist der erste Schritt zu einem Vertragsverletzungsverfahren, erlaubt Orbán aber unter Gesichtswahrung zurückzurudern.
26 Apr 2017
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