taz.de -- Welthandel und Hamburger Hafen: Megafrachter im Nadelöhr

Das weltgrößte Containerschiff kommt auch ohne Elbvertiefung nach Hamburg. Nabu hält die deshalb für überflüssig, Hafenfirmen hoffen auf volle Ladung.
Bild: Passte noch knapp unter der Köhlbrandbrücke durch: die „Hamburg Express“ mit 13.000 TEU

HAMBURG taz | Für das Hafen-Hamburg-Marketing wird der 16. Mai zu einem Festtag. An diesem Dienstag soll der größte aller Containerriesen den Hafen anlaufen, und die Marketingleute basteln schon euphorisch an Barkassenfahrten für Medienleute, Normalsterbliche können am besten aus Övelgönne zuschauen, wie die 400 Meter lange „MOL Triumph“ (siehe Kasten) am Ende ihrer Jungfernfahrt mit Schlepperhilfe am Burchardkai anlegen wird. Denn ein Stopp am Terminal Altenwerder kommt nicht infrage: Der Megafrachter passt nicht unter der 53 Meter hohen Fahrbahn der Köhlbrandbrücke durch.

Das am 27. März in Dienst gegangene Schiff der japanischen Reederei MOL ist mit mehr als 20.000 Standardcontainern (TEU) der erste Frachter dieser Kategorie, der Hamburg anläuft. Und das zeigt, dass diese „Ultra Large Container Vessels“, so der internationale Fachjargon, Hamburg „nicht nur nautisch anlaufen können, sondern das ökonomisch auch wollen“, sagt Malte Siegert, Schifffahrtsexperte des Hamburger Naturschutzbundes (Nabu). Deswegen hält er die geplante weitere Elbvertiefung für überflüssig.

Dieses 600 Millionen Euro teure Vorhaben zur Ausbaggerung der Unterelbe wurde im Februar vom Bundesverwaltungsgericht „für rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt. Ob Hamburg und der Bund mit einer Neuplanung Erfolg haben werden, ist derzeit offen.

Allerdings kommt die „Triumph“ nur mit etwa der halben Ladung und deshalb vermindertem Tiefgang nach Hamburg. Das sei aber immer so, sagt Siegert. Hamburg sei in Nordwesteuropa nicht der erste Anlaufhafen für die Riesenfrachter aus Fernost. Zuvor hätten sie bereits zum Beispiel in Rotterdam einen Teil der Ladung gelöscht. Auch würden sie nur halb voll wieder auslaufen und in Rotterdam oder Southampton zuladen. „Die Tiefgangsreserven im Hafen zeigen, dass große Schiffe auch ohne Elbvertiefung deutlich mehr laden könnten, als sie das praktisch tun“, so Siegert.

Senat und Hafenwirtschaft indes beteuern, die jetzt geplante Elbvertiefung werde die letzte sein, denn die Gigantomanie sei bald vorbei. „Das Ende der Entwicklung ist nah“, sagt auch Rainer Horn, Sprecher von Hapag-Lloyd in Hamburg, fünftgrößte Frachtreederei der Welt.

Bei noch größeren Schiffen drohten Kostennachteile, weil diese zu unflexibel seien. Schön wäre es aber, sagt ein Hafenmanager, wenn die Riesenpötte mit voller Ladung ein- und auslaufen könnten – das wäre der ultimative „Triumph“.

23 Apr 2017

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Sven-Michael Veit

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