taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Kein grüner Kandidat mehr
Oh làlà, das gab's seit 40 Jahren nicht mehr: Frankreichs Grüne unterstützen den Sozialisten Hamon. Ihr eigener Kandidat war zu unbeliebt.
Paris taz | Die französischen Grünen haben bei den Präsidentschaftswahlen 2017 keinen eigenen Kandidaten mehr. Der von ihnen in einer Internet-Abstimmung nominierte Yannick Jadot hat am Donnerstagabend im Fernsehen bekannt gegeben, er verzichte und werde sich dem Sozialisten Benoît Hamon anschließen. Erstmals seit 1974 ist damit die Umweltpartei in Frankreich nicht bei einer Präsidentschaftswahl im Rennen.
Mit Hamon habe er sich auf ein programmatisches Bündnis geeinigt, so Jadot weiter. Darin wird unter anderem der schrittweise Ausstieg aus der Atomenergie, der Verzicht auf den umstrittenen Flughafen von Notre-Dame-des-Landes bei Nantes und die TGV-Strecke Lyon–Turin sowie die Einführung des Verhältniswahlrechts angekündigt.
Es war dem Grünen zuvor nicht gelungen, mit seinem Wahlkampf ein breites Echo in der Öffentlichkeit zu finden. Laut den Umfragen hätte er gegenwärtig lediglich 1 bis 2 Prozent der Stimmen erhalten. Außerdem hat sein Team offenbar große Schwierigkeiten, das erforderliche Minimum von 500 beglaubigten Patenschaften von Bürgermeistern und anderen Volksvertretern zusammenzubringen. Der grüne Exkandidat hat mit seinem Rückzieher daraus die Konsequenzen gezogen.
Hamon zu unterstützen fällt den Grünen aber insofern etwas leichter, als dieser schon bei den internen Vorwahlen der Sozialisten als Vertreter des linken Flügels klare Öko-Akzente gesetzt und sich so bereits als möglicher Partner von Europe Écologie – Les Verts profiliert hatte. Hamon hatte sich zu Fragen der Biolandwirtschaft, der Ernährung oder auch zum Problem der Umweltstoffe, die das Hormonsystem stören, geäußert – lauter Themen, die die sozialistische Parteiführung wenig interessieren.
Ein rot-grüner Einheitskandidat hätte echte Chancen
Der Anschluss der Grünen stärkt Hamon nun gegenüber dem Kandidaten aus den Reihen der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon („La France insoumise“). Beide sagen, sie seien für Gespräche über eine linke Einheitskandidatur offen. Doch es ist klar, dass Mélenchon kaum bereit sein wird, Hamon dabei den Vortritt zu lassen.
Hamon werden derzeit in den Umfragen 13 bis 15 Prozent, Mélenchon 11 bis 12 Prozent gutgeschrieben. Theoretisch hätte ein rot-grüner Einheitskandidat bei der Addition dieser Anteile also echte Chancen, den Favoriten Marine Le Pen, Emmanuel Macron und François Fillon einen Platz in der Stichwahl streitig zu machen.
Im Internet zirkulieren seit Tagen Petitionen in Form von Appellen an die rivalisierenden linken Kandidaten, ihr Ego im gemeinsamen Interesse zurückzustellen, damit die Idee einer Einheit nicht Wunschdenken bleibt.
24 Feb 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei mögliche Präsidentschaftskandidat*innen sind im Rennen: Der machtbewusste Jadot und die kämpferische Rousseau stehen für zwei Richtungen.
Alain Juppé möchte nicht als Fillon-Ersatz einspringen. Wer also wird beim ersten Durchgang der Wahl das konservative Lager vertreten?
Das Wahlprogramm des Präsidentschaftskandidaten Macron überrascht nur in einem Punkt: Er will ein neues französisches Sozialversicherungssystem.
Der aussichtsreiche Kandidat stellt sein Wahlprogramm vor. Bisher war er wiederholt für sein politisch unverbindliches Auftreten kritisiert worden.
Gegen den konservativen Bewerber um das französische Präsidentschaftsamt, François Fillon, soll jetzt auch formell ermittelt werden. Er will aber weitermachen.
Sahra Wagenknecht (Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) halten demonstrativ Distanz zum neuen SPD-Spitzenmann Schulz.
François Fillon hat es zum Kandidaten geschafft, weil er klar rechts ist. Daraus kann die Gegenseite lernen. Die Linke muss sich nun zusammenraufen.
Der 38-jährige Emmanuel Macron gilt als Polit-Jungstar. In Umfragen liegt er vor dem unbeliebten Hollande. Nun will der frühere Wirtschaftsminister Präsident werden.
Flaschenwürfe und Tränengas: Bei Protesten gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform in Frankreich ist es zu Krawallen gekommen.