taz.de -- Die Wahrheit: Drinnen. Draußen
Donnerstag ist Gedichtetag. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über die stillen Freuden des Bahnreisens ergötzen.
Drinnen knarzt der Zugbegleiter
krachend Englisch durch den Draht;
wiehernd schnaubt ein Herrenreiter.
Draußen schweigt ein Apparat.
Drinnen dröhnt ein Anzugträger,
schlingend schmatzt ein Mann für zwei;
schnarchend sägt ein junger Säger.
Draußen fliegt still Welt vorbei.
Drinnen schenkelklopft ein Lachen,
lauthals zischt ein Pensionär;
lässt mit Knirsch die Zähne krachen.
Draußen schweigt’s, als wenn nichts wär.
Drinnen keift Investmentbanker
sich die Aktien dick und rund;
brüllend junger Weltenlenker.
Draußen leckt sich stumm ein Hund.
Drinnen grölt die Sportskanone,
lüstern pfeift der Lebemann;
quiekend gluckst die Amazone.
Draußen mäuschenstillt ein Tann.
Drinnen zanken Graf und Gräfin,
voll verkracht sich Rentnerpaar;
schrill verstrickt ein Schaf die Schäfin.
Draußen liegt tot Landschaft da.
Drinnen lärmt das halbe Leben,
Vorgeschmack des Weltgerichts;
dezibeles Erdenbeben.
Draußen hinterm Fenster: nichts.
Drinnen Kakophongewölle.
Draußen still und starr der See.
Drinnen Ausgeburt der Hölle:
Ruhezone, ICE.
9 Feb 2017
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