taz.de -- Frankreichs Sozialisten wollen Hamon: Ohrfeige für den Ex-Premier
Benoît Hamon wird als sozialistischer Spitzenkandiadat bei der Präsidentschaftswahl antreten. Ex-Premier Manuel Valls fiel bei der Vorwahl durch.
Paris taz | Der 49-jährige Benoît Hamon tritt für die französischen Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl am 23. April an. Er hat laut vorliegenden Teilergebnissen die Entscheidungsrunde der Vorwahlen mit 58,65 Prozent der Stimmen gegen Ex-Premierminister Manuel Valls klar zu seinen Gunsten entschieden.
Dieser war in dieser Vorausscheidung der Kandidat der Kontinuität. Er erhielt mit der deutlichen Niederlage von der Basis der Sympathisanten eine desavouierende Ohrfeige, die in Wirklichkeit auch oder sogar in erster Linie dem noch amtierenden Staatspräsidenten François Hollande galt.
Mit Hamon wollen die Sozialisten in Frankreich das Kapitel Hollande abschließen und auf einen Repräsentanten setzen, der die Modernität verkörpert und ihnen von einer besseren Zukunft spricht.
„Wir möchten träumen können“, sagte bezeichnenderweise am Fernsehen eine begeisterte Anhängerin Hamons am Sonntagabend bei der Siegesfeier. Der frühere Regierungschef Valls dagegen, der in seiner Kampagne unablässig vor Desillusionierungen gewarnt hatte, erschien einer Mehrheit von ihnen als Mann der Vergangenheit. Trotz einer größeren Beteiligung als im ersten Durchgang (rund zwei Millionen Teilnehmer) gelang es Valls nicht, die Tendenz nach links vom letzten Sonntag zu stoppen und für sich umzukehren.
Für Hamon beginnt jetzt erst der richtige Wahlkampf. Laut Umfragen liegt der nun nominierte Kandidat abgeschlagen auf dem fünften Platz hinter Marine Le Pen vom Front National, dem Konservativen François Fillon, dem unabhängigen Mitte-links-Kandidaten Emmanuel Macron und dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon.
Nur geringe Chancen
Sein strategisches Ziel, zuerst Mélenchon zu überholen und womöglich Macron einzuholen, um wider Erwarten noch gegen Le Pen oder Fillon in die Stichwahl am 7. Mai zu kommen, werden als sehr gering eingeschätzt.
Doch diese Präsidentschaftswahl ist voller Überraschungen. Die Wenigsten hätten im bürgerlichen Lager vor einem Jahr auf Fillon gesetzt, der die Vorwahlen der Rechten dann im November triumphal gewonnen hat. Heute aber ist wegen angeblicher seiner Verwicklungen in Finanzaffären seine Favoritenrolle ebenso schnell wieder ins Wanken geraten.
Bei den Sozialisten möchten alle noch hoffen, dass mit diesem einigermaßen unbeschriebenen Blatt, Benoît Hamon, alles möglich sei.
30 Jan 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Satire-Zeitung „Le Canard enchaîné“ legt nach: Penelope Fillon hat viel mehr Geld kassiert als bekannt. Der Gatte schwächelt in Umfragen.
Der Sozialisten-Kandidat sei zu radikal, kritisieren Parteifreunde Hamons. Die Republikaner haben indes mit Ermittlungen gegen Fillon zu kämpfen.
Mit Schulz haben die Sozialdemokraten das Potenzial, die französischen Genossen zu unterstützen. Doch der ist ein Vertreter des deutschen Europa.
Der Wahlkampf um die Präsidentschaft in Frankreich hat begonnen. Das sind die fünf wichtigsten KandidatInnen im Überblick.
Er steht für die neue Kultur der Verantwortung: Frankreichs Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron – zu schön, um wahr zu werden?
Manuel Valls? Benoît Hamon? Beim Fernsehduell vor der Stichwahl am Sonntag zeigen sich klare Unterschiede zwischen den Sozialisten.
Bei den Sozialisten zieht Benoît Hamon gegen Manuel Valls in die interne Stichwahl. Mit ihm drängt eine neue Generation in die Parteiführung.
Manuel Valls bezahlt für seine Regierungspolitik. Gesiegt haben die Kritiker vom linken Parteiflügel. Doch eine Chance haben die Sozialisten nicht.
Bei Frankreichs Sozialisten hat sich in der ersten Runde der Vorwahl überraschend Benoît Hamon durchgesetzt. Expremier Manuel Valls landete auf dem zweiten Platz.