taz.de -- Szene-Kinos und die Berlinale in Berlin: Frisch im Festivalschub
Es hat länger gedauert als geplant: Jetzt aber eröffnet in Neukölln das Wolf – und das gleich als Berlinale-Kino. Ab Montag gibt es Festival-Tickets.
„Wolf“ steht gleich neben der Eingangstüre, nicht groß, aber in goldenen Lettern. Das passt gut zum neuen Neuköllner Kino Wolf, das auf Klasse statt Masse setzen möchte. Ausgesuchtes Arthouse-Kino soll es hier geben und nicht die neuesten Hits aus Hollywood. Dementsprechend schnuckelig sehen die drei Säle aus, in denen jeweils nicht mehr als 50 Kinobesucher Platz finden werden. Die knallroten Kinosessel sind eine Schenkung eines anderen Berliner Kinos, das sich nun neue Ledersessel gegönnt hat.
Verena von Stackelberg, die Betreiberin des Wolf-Kinos, macht es sich erst einmal gemütlich in einer ihrer neuen Sitzgelegenheiten, freut sich, wie bequem diese sind – und dass sie nichts gekostet haben. Nach dem langwierigen Umbau des Kinos sei es zuletzt finanziell doch ganz schön knapp geworden, sagt sie.
Aber nun ist es tatsächlich so gut wie fertig, das Kino. Verena von Stackelberg setzt sich auf einen Stuhl in ihrem neuen Büro im neuen Kinokomplex, eine Kollegin kümmert sich um ihren sieben Monate alten Sohn, und man merkt der frischgebackenen Lichtspielhausleiterin deutlich ihre Erleichterung an.
Beinahe zwei Jahre lang hat sie sich mit Bauplänen, Architekten und Brandschutzverordnungen herumgeplagt, aber damit ist nun bald endlich Schluss. Sie zeigt in ein noch ziemlich leeres Büro und sagt: „Hier werde ich dann hoffentlich bald dem nachgehen, um was es mir wirklich geht, dem Aussuchen von Filmen für unser Kino.“
Im Foyer wird noch hektisch gesägt und gezimmert, aber in den beiden Hauptkinosälen könnte man theoretisch schon die ersten Filme ansehen. Bis zum 9. Februar, bis zur Eröffnung der Berlinale, müssen sämtliche Arbeiten dann abgeschlossen sein. Das Kino Wolf wird Teil von „Berlinale goes Kiez“ sein und zwei Berlinale-Filme zeigen, unter anderem das sehnlichst erwartete neue Werk von „Love-Steaks“-Regisseur Jakob Lass, den Film „Tiger Girl“.
Lass, erzählt von Stackelberg, wohnt übrigens nur zwei Häuser neben dem Kino Wolf. Außerdem wird hier im Rahmen des Filmfestivals am 14. Februar eine Podiumsdiskussion stattfinden, die sich passenderweise mit der Frage beschäftigen wird, wie man das Kino in Zeiten von Netflix als kulturellen und sozialen Ort neu beleben kann.
Verena von Stackelberg hat es tatsächlich geschafft, nach einer Crowdfundingkampagne und mit relativ wenig Eigenkapital ihren Traum vom eigenen Kino zu verwirklichen, den die ehemalige Filmverleiherin schon eine ganze Weile hegte. Kein Konsortium steht hinter ihr, keine potenten Geldgeber.
Allein mit sehr viel Chuzpe und einem begeisterten Team, in dem auch befreundete Filmemacher in den letzten Monaten mal zu Hammer und Säge gegriffen haben, hat sie das ehemalige Bordell mitten in der Neuköllner Ausgehmeile Weserstraße in ein Lichtspielhaus verwandelt.
Es ging nicht alles glatt in der Umbauzeit. Eigentlich wollte man bereits im Frühjahr vergangenen Jahres eröffnen, doch irgendwann musste man sich eingestehen, dass das nicht zu machen war. Filmenthusiasten sind eben nicht unbedingt die besten Bauherren. Zudem gab es Probleme mit Brand- und Schallschutz, und da mit allem eigentlich immer knapp kalkuliert wurde, „hatten wir wahrscheinlich auch nicht immer die allererste Priorität bei den Handwerkern“, sagt von Stackelberg.
Aber das ist nun alles egal. Jetzt kommt für das Kino Wolf die Berlinale, an diese anschließend wird der Kinobetrieb halbwöchentlich aufgenommen. Am 25. Februar wird eine große Eröffnungsfeier stattfinden und ab dem 1. März wird Berlin ganz offiziell ein neues Kino in Neukölln haben.
5 Feb 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Eiszeit-Kino in Kreuzberg schließt. Angesichts aktueller Mietentwicklungen in Berlin sieht es für Programmkinos vielleicht doch nicht so gut aus wie gedacht.
Nach über 35 Jahren muss das Kultkino Eiszeit schließen. Grund sind Streitigkeiten mit dem Hauseigentümer.
Der gegenwärtige Boom der Kiezkinos hat auch Charlottenburg erreicht: Das Klick am Stuttgarter Platz ist zurück.
In „Tiger Girl“ ziehen zwei Frauen prügelnd durch Berlin. Einfach so, weil sie es können – der Regisseur verzichtet auf jede Psychologisierung.
Sternenenergie macht böse, das wusste schon 1920 ein deutscher Science-Fiction-Film. Ein Rückblick findet Größenwahnsinniges neben Grandiosem.
Es ist wieder Berlinalezeit. Unter den knapp 400 Filmen kann man zarte Bande knüpfen. Doch große politische Weltschau ist sie nur eingeschränkt.
Gerade noch rechtzeitig vor der Berlinale bekommt das Eisbärbaby im Berliner Tierpark einen Namen. Die Show kann beginnen!
Für seine Rolle in „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ gewann er einen Silbernen Bären. Besser wurde sein Leben dadurch nicht.
Richtige Entscheidung in einem mittelmäßigen Wettbewerb: Mit „The Woman Who Left“ hat in Venedig der stärkste Film gewonnen.