taz.de -- Atomabkommen mit Belgien: Kein Mitspracherecht für Anrainer
Deutschland und Belgien haben eine gemeinsame Kommission zur nuklearen Sicherheit beschlossen. Die Grünen sind schwer enttäuscht.
Brüssel taz | Mehr Information, aber nicht mehr Sicherheit: Das verspricht sich die Bundesregierung von dem neuen Atomabkommen mit Belgien, das am Montag in Brüssel unterzeichnet wurde. Das Abkommen ist eine Antwort auf die Pannenserie bei den beiden belgischen Reaktoren Doel 3 und Tihange 2, die unweit der deutschen Grenze stehen und als Sicherheitsrisiko gelten.
„Das Abkommen kann Probleme nicht erfassen; die belgische Regierung bleibt zuständig für die Sicherheit der Reaktoren“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Das Abkommen sieht die Bildung einer gemeinsamen Nuklearkommission vor, die sich Anfang 2017 erstmals treffen soll.
Allzu große Erwartungen sind damit allerdings nicht verbunden – vor allem nicht auf belgischer Seite. In Brüssel wurden lange die Probleme mit den Atomreaktoren verschwiegen. Die zahlreichen Haarrisse in den Reaktordruckbehältern von Tihange 2 wurden zwar gemeldet. Doch die belgischen Behörden reagierten nur langsam auf die potenzielle Gefahr. Ende 2015 erlaubte die belgische Atomaufsicht sogar ein Wiederhochfahren der Anlage, deutsche Bedenken und Beschweren wurden übergangen.
Zuletzt drohte der Streit zu eskalieren. Bereits im Februar hatte die Städteregion Aachen gegen die Wiederinbetriebnahme von Tihange 2 geklagt, im April schloss sich die nordrhein-westfälische Landesregierung der Klage an. Doch die belgische Regierung blieb stur. Dass sie sich auf das jetzt geschlossene Abkommen einließ, gilt in Berlin schon als Erfolg. „Ich freue mich, dass es in so kurzer Zeit gelungen ist, die Verhandlungen erfolgreich abzuschließen“, sagte Hendricks. „Das unterstreicht die hohe Bedeutung, die Deutschland und Belgien dem Thema nukleare Sicherheit beimessen.“
Für viele Anrainer und für die Grünen klingt das jedoch wie Hohn. Die Vereinbarung sei „sehr enttäuschend“, sagte die Atomexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, der WAZ-Gruppe. Besonders misslich sei, dass für die betroffenen Bürger vor Ort keine Mitsprache verankert worden sei.
19 Dec 2016
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