taz.de -- Die Wahrheit: Frage für 1 Freund

Wär das nicht toll, ein Lasergerät namens „Starshower“ zu erwerben, das einen tanzenden Sternenregen produziert? Nun ja …
Bild: Statt das teure Gemüse zu essen, macht das österreichische Vegetable Orchestra damit lieber Musik

Es ist toll, dass dieser Text in einer Zeitung steht. Dass sich jemand die Mühe gemacht hat, ihn schwarz auf weiß zu drucken und in alle Welt hinauszuschicken. Und es ist absolut fantastisch, dass ausgerechnet Sie ihn gerade lesen, liebe Leser! Andererseits wäre es mir fast lieber, wenn Sie dieses Hilfegesuch auf der taz-Internetseite läsen, denn dann könnten Sie Ihre hochtechnoiden Ratschläge und höhnischen Ausrufezeichen gleich unten in der Kommentarsektion hinterlassen.

Es geht um Folgendes: Gestern beim Morgenkaffee wollte sich ein Freund von mir zu „Tagesschau24“ hochzappen. Er blieb jedoch entzückt bei einer Dauerwerbesendung auf Tele 5 hängen. Dort wurde ein Lasergerät namens „Starshower“ vorgestellt, das sein Heim mit über 6.000 tanzenden Lichtpunkten in einen Sternenregen aus Grün und Rot zu tauchen versprach. Wetterfest in den Rasen gesteckt und mit einem Lichtsensor ausgestattet, sei es der minderwertigen Konkurrenz – mit zum Teil nur 1.000 Lichtpunkten – in jeder Hinsicht überlegen. Im Unterschied zu altmodischen Lichterketten müsse es auch nicht mühsam am Haus angebracht werden und spare unglaubliches Geld für Strom.

Der Freund, ohnehin in vorweihnachtlicher Stimmung, konnte den Blick nicht von dem gleißenden Lichtregen wenden, der unablässig über verschneite amerikanische Reklamehäuser wanderte. Eigentlich wollte er nach einer Weile sogar umschalten, da er weder über Haus und Garten verfügte noch über die nötige Barschaft für das Gerät, wie er glaubte. Da indes der Preis nicht genannt wurde, musste er, zunehmend gespannt und fast schon gereizt, ausharren.

Als es dann aber so weit war, mochte der Freund Augen und Ohren kaum trauen. Nur 79,90 Euro? Natürlich sah eine mit Laserpunkten besprenkelte Hausfassade jederzeit lachhaft aus. Aber auch beeindruckend! Als ob jedermann Elton John sein könnte oder der Präsident der Vereinigten Staaten am 4. Juli, als sei Glamour eine unendliche, auf Knopfdruck verfügbare und äußerst billige Ressource!

Lange Stunden wägte der Freund das Für und Wider einer solchen Anschaffung ab, machte sich sogar in der Textverarbeitungs-App seines Smartphones eine Liste mit Argumenten zum „Starshower“. 80 Euro waren ein Schnäppchen. Die Nachbarn würden ausflippen! Den Ausschlag gab dann die Überlegung, dass zunächst einmal auf ein repräsentatives Haus gespart werden müsse und die 80 Euro ein guter Anfang sein könnten.

Nur zwei Tage später – der Freund hatte den „Starshower“ schon völlig vergessen und weder mit jemandem darüber geredet noch danach gegoogelt – wurde ihm eine Werbung für exakt dieses Gerät in seine Facebook-Timeline gespült. Meine Frage: Kann es sein, dass die Textverarbeitungs-App des Freundes, neben mir der einzige Mitwisser in dieser Sache, den Produktnamen nach Hause telefoniert hat? Und das Kaufinteresse an jemanden weiterverscherbelte, der den Freund jetzt dazu zwingen möchte, seine Entscheidung zu überdenken? Frage ist ernst gemeint!

16 Dec 2016

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Tietze

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