taz.de -- Forderung eines G-20-Gremiums: Klimaschutz gegen Börsencrash

Der Klimawandel ist auch ein Risiko für Unternehmen. Doch viel zu oft werde das ignoriert, lautet die Kritik von Finanzexperten.
Bild: Klimaschaden vor Klimaschaden – das kann teuer werden

Berlin taz | Lohnt es sich für eine Bank noch, Kredite für ein neues Kohlekraftwerk zu vergeben, wenn das Weltklima keine Kohle mehr verträgt? Wie soll eine Ratingagentur eine Autofirma bewerten, die keine E-Mobile anbieten? Wie berechnet eine Versicherung ihre Policen für einen Lebensmittelkonzern, der sich gegen Dürren und Überschwemmungen absichert?

Um diese Fragen zu beantworten, hat am Mittwoch in Basel die „Task Force“ des „Financial Stability Board“ (FSB) ihre Empfehlungen für den Umgang der Finanzindustrie mit dem Klimawandel vorgestellt. Im Kern schlägt das G-20-Beratungsgremium vor, das Thema bereits heute ins Zentrum der Finanzplanungen zu stellen.

Klimawandel sei „vielleicht das am meisten missverstandene Risiko“ für Unternehmen und das Finanzsystem, sagte der US-Investor Michael Bloomberg. Zusammen mit Michael Carney, Chef der Bank of England, hat er seit einem Jahr eine Gruppe aus 32 Managern aus Banken, Versicherungen, Ratingagenturen und Finanzexperten angeführt, die insgesamt über 21 Billionen Dollar verwalten.

Ihr Ziel: Empfehlungen für die Finanzindustrie, um weltweit die Risiken und Chancen aus dem Klimawandel besser und einheitlich bewerten zu können. Der Vorschlag soll nun 60 Tage lang diskutiert und dann im besten Fall von allen Firmen und Institutionen als Standard beschlossen werden.

Auswirkungen schon heute

Die Experten fordern ein Umdenken. Der Klimawandel bringe durch eine veränderte Natur und neue Gesetze „materielle Risiken“, die Unternehmen offenlegen müssten – nicht irgendwo, sondern beim Finanzvorstand. Firmen sollen in konkreten Szenarien darlegen, was es für sie heißt, wenn der Klimawandel bis 2100 bei 2 Grad gestoppt werden soll.

Es sei ein Irrglauben, so der Bericht, dass die „Auswirkungen nur langfristig und daher heute nicht relevant für Entscheidungen“ seien. Der Abschied von fossilen Brennstoffen betreffe viele Branchen schon heute.

Die Experten fordern mehr Informationen für Investoren über firmeninterne Strategien für den Umgang mit dem Klimawandel. Auch müssten Firmen offenlegen, wie sie bestimmte Risiken managen wollen und nach welchen Regeln sie diese einschätzen.

Wegen der „signifikanten und in manchen Fällen disruptiven Veränderungen in der nahen Zukunft“ interessierten sich Finanzindustrie und -politiker für die Auswirkungen auf das System, „besonders um schwere finanzielle Schocks und den plötzlichen Verlust von Anlagenwerten zu verhindern.“ Das war der Auftrag der G 20 an das FSB 2014: Wege zu zeigen, die verhindern, dass etwa bei der Flucht aus Aktien der Energiekonzerne die nächste Weltfinanzkrise ausbricht.

Für die NGO Carbon Disclosure Project ist der Bericht eine Bestätigung. Seit 2002 hat die Organisation weltweit etwa 6.000 Firmen mit insgesamt 60 Prozent des gesamten Marktwerts dazu gebracht, ihre Klimarisiken offenzulegen.

15 Dec 2016

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Bernhard Pötter

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