taz.de -- Politische Lage in Venezuela: Dialog droht zu scheitern

Einige Oppositionelle sind mit den Verhandlungen mit der Regierung unzufrieden. Sie haben nun die Wiederaufnahme der Proteste angekündigt.
Bild: Die Opposition ist mit Präsident Nicolas Maduro unzufrieden

Buenos Aires taz | In Venezuela hat der Dialog zwischen Regierung und Opposition bisher nur vage Absichtserklärungen hervorgebracht. So sollen kurzfristige Maßnahmen erarbeitet werden, mit denen die katastrophale Versorgungslage bei Nahrungsmitteln und Medikamenten verbessert werden soll. Da soll erarbeitet werden, wie eine Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor sinnvoll angelegt werden könnte. Und es wurde vereinbart, die gegenseitige Blockade der institutionellen Gewalten zu überwinden.

Noch am konkretesten erscheint die Ankündigung, die Neubesetzung zweier Posten beim Obersten Wahlrat gemeinsam vorzunehmen sowie den Dialog um einige Gouverneure und Vertreter der Zivilgesellschaft zu erweitern.

Einigen könnten sich Regierung und Opposition am ehesten auf die Anerkennung der politischen und juristischen Institutionen. Bislang erkennen der Präsident und das oberste Gericht, sprich Exekutive und Judikative, die Nationalversammlung (AN), sprich Legislative, nicht an und umgekehrt. Während Präsident Nicolas Maduro und die mehr als regierungsfreundlichen obersten Richter alle Entscheidungen und Gesetzesvorlagen des mehrheitlich von der Opposition besetzten Einkammerparlaments stets für nichtig erklären, erkennt die Parlamentsmehrheit das Vorgehen von Präsident und oberstem Gericht nicht an.

Das Katz- und Mausspiel hatte schon kurz nach der konstituierenden Sitzung der AN im Januar begonnen, in der die Opposition nach den Wahlen Ende 2015 erstmals eine Zweidrittelmehrheit hält. Nach Auffassung des obersten Gerichts war es bei der Wahl der Abgeordneten im Bundesstaat Amazonas zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Das Gericht hatte daraufhin deren Mandatsantritt ausgesetzt. Das wiederum verwarf die Parlamentsmehrheit und vereidigte die drei der Opposition angehörenden Mandatsträger.

Den Vorgang nutzten Justiz und Regierung, um dem gesamten Parlament die Rechtmäßigkeit abzusprechen und die Anerkennung zu verweigern. Jetzt ruderte die Opposition zurück. Diese Woche baten die drei um die Rücknahme ihrer Vereidigung als Parlamentarier.

Bei den Kernforderungen der Opposition liegen beide Seiten weit auseinander. So forderte die Opposition die Durchführung des in der Verfassung verankerten Abwahlreferendums gegen Präsident Maduro noch in diesem und allgemeine Wahlen im kommenden Jahr. Das Verfahren liegt jedoch auf Eis, seit lokale Gerichte in drei Bundesstaaten die Untersuchung angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der Unterschriftensammlung angeordnet haben.

Die Regierung signalisiert lediglich ihre Bereitschaft, die eigentlich für Dezember anstehenden, aber verschobenen Gouverneurs- und Kommunalwahlen 2017 abzuhalten. Und während die Opposition die umgehende Freilassung aller politischen Gefangenen verlangt, wird dieser Terminus von der Regierung schon gar nicht akzeptiert. Stattdessen schlägt sie die Einrichtung einer Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission vor, die die Ereignisse um die schweren Proteste im Jahr 2014 aufarbeiten soll, bei denen 43 Menschen ums Leben kamen und wegen denen noch immer über 100 im Gefängnis sitzen, darunter Leopoldo López, der Parteichef der oppositionellen Voluntad Popular.

Die Opposition ist sich über die Teilnahme am Dialog noch immer uneins. 14 der über 32 im Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) zusammengeschlossenen Parteien und Gruppierungen nehmen nicht teil, darunter die Voluntad Popular. Sie haben inzwischen die Wiederaufnahme der Straßenproteste angekündigt. „Was Venezuela will und noch immer nicht erreicht ist, ist, dass diese unfähige Regierung verschwindet“, twitterte Oppositionsführer Henrique Capriles von der Partei Primero Justicia.

18 Nov 2016

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Jürgen Vogt

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