taz.de -- Nach Verhaftungen in der Türkei: Kurden demonstrieren in Köln

Die Festnahmen führender kurdischer Politiker in der Türkei mobilisieren die in Deutschland lebenden Kurden. In Köln demonstrierten am Samstag mehrere tausend.
Bild: Protest am Samstag in Köln

Köln dpa | Etwa 6500 Kurden sind am Samstag durch die Kölner Innenstadt gezogen und haben gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Die Demonstranten riefen Parolen wie „Terrorist Erdogan“ und „Erdogan Faschist“ und zeigten Plakate mit Aufschriften wie „Stoppt die Erdogan-Diktatur!“

Die Kundgebung richtete sich insbesondere gegen die Festnahmen führender kurdischer Politiker in der Nacht zum Freitag. Die türkische Polizei hatte bei Razzien elf Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Demirtas war Anfang September noch selbst in Köln aufgetreten.

Redner riefen bei der Kölner Demonstration zum Widerstand gegen Erdogan auf und warfen der deutschen Politik vor, in der Türkei ein terroristisches und diktatorisches Regime zu unterstützen.

Viele Demonstranten schwenkten Fahnen mit dem Bild des inhaftierten Führers der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. Die Polizei fertigte drei Strafanzeigen aus: zwei wegen des Zeigens verbotener PKK-Symbole und eine wegen Beleidigung.

Dersim Dagdeviren, Sprecherin den kurdischen Dachverbands Nav-Dem, forderte eindeutige politische Sanktionen gegen die Türkei. „Dass mit Erdogan jetzt ein Diktator eine der größten Armeen der Nato stellt, halte ich für sehr gefährlich“, sagte sie.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger forderte in einer Rede den Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Zudem verlangte er die sofortige Freilassung der festgenommenen HDP-Politiker. „Erdogan ist auf dem Weg in eine Diktatur“, sagte Riexinger. Die Bundesregierung sei dafür mitverantwortlich, weil sie sich geweigert habe, mehr Druck auf Erdogan auszuüben.

Auch jetzt könne man noch viel tun, sagte Riexinger der Deutschen Presse-Agentur. „Die Türkei ist Nato-Mitglied, in hohem Maße verschuldet, wirtschaftlich abhängig.“ Das Mindeste, was man erwarten könne, sei, dass die Bundesregierung mit dem „diplomatischen Rumgeeiere“ aufhöre und endlich klare Worte finde.

5 Nov 2016

TAGS

Schwerpunkt Türkei
Kurden
HDP
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Putschversuch Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Pressefreiheit in der Türkei
Schwerpunkt Türkei
HDP

ARTIKEL ZUM THEMA

Repression in der Türkei: Erdoğan hat Ohrensausen

Nach den Verhaftungen will die Oppositionspartei HDP das Parlament boykottieren. Staatschef Erdoğan ist immun gegen Kritik.

Portrait der HDP-Politikerin Yüksekdağ: Die wichtigste Frau der Türkei

Figen Yüksekdağ ist Kovorsitzende der türkischen prokurdischen Oppositionspartei HDP – und seit Freitagnacht in Haft.

Nach Verhaftungen in der Türkei: Tränengas in Istanbul

In der türkischen Metropole protestierten Hunderte gegen die Festnahme von HDP-Politikern. Der IS bekennt sich zu einem Anschlag in Diyarbakir.

Nach der Verhaftungswelle in der Türkei: Misstrauen und Schweigen

Die Inhaftierung der HDP-Poliker*innen spaltet auch die deutschtürkische Community. Zu Besuch auf der Solidaritätsdemo in Berlin.

Erdoğans türkische Autokratie: Freiheit für den Papagei

Vor wenigen Tagen wurden mehrere Redakteure der „Cumhuriyet“ festgenommen. Eine Redakteurin der Zeitung berichtet.

Debatte Repression in der Türkei: Auf dem Weg in die Diktatur

Mit aller Macht geht der türkische Staatspräsident Erdoğan gegen die noch verbliebenen kritischen Stimmen in seinem Land vor.

Reaktionen auf HDP-Festnahmen: „Ende der Demokratie in der Türkei“

In der Nacht zu Freitag wurden zahlreiche Abgeordnete der prokurdischen Partei HDP festgenommen. Merkel bewertet das als „höchst alarmierend“.