taz.de -- Berliner Szenen: Kopfüber im Heu
Es ist Erntezeit auf dem Tempelhofer Feld. Eine Riesenmaschine kackt Heuballen, dazwischen und darauf liegen Menschen und Elekteks.
Als ich auf dem Tempelhofer Feld ankomme, ist gerade der Mähdrescher unterwegs. Das stimmt gar nicht, ich nenne den nur in meinem Kopf so, das Gefährt auf der Wiese mäht weder, noch drischt es. Aber es ist schon ein amtlicher Traktor – gelb und grün, Marke „New Holland“ – und er zieht eine Heuballenmachmaschine hinter sich her, im Fachjargon: Rundballenpresse.
Deren Ergebnisse liegen bereits im Abendlicht, und die Leute liegen daneben beziehungsweise lehnen daran. Auch ich suche mir einen Ballen, während links von mir der Mähdrescher das lose Gras in langen Runden aufsammelt. Immer wieder bleibt er kurz stehen, setzt einen Meter zurück und kackt dann den nächsten Ballen aus, der sanft noch einen halben Meter weiterrollt.
Auf der anderen Seite des Weges ist das Gras noch hoch, ein Hund hoppelt wann und dann heraus, es ist die Sorte Hund, die ein Halstuch tragen kann und es sieht nicht bescheuert aus. Einige Leute fahren zwischen ihm und mir vorüber und werfen mir Gesprächsfetzen zu. „Ich bin ja auch auf dem Land groß geworden“ und „Wenn ich das jetzt auch noch fange, sind das 8 Elekteks in 1 Park. Was ist da los?“.
Kurz nach Sonnenuntergang ist der Mähdrescher am Ende seiner Runden angekommen. Eine Frau sammelt schnell noch ein wenig vom losen Heu ein, schwupps, da hat er es auch schon aufgefressen. Nun kann der Mähdrescher wieder aufs Land fahren und den anderen Landwirtschaftsgeräten vom Tag in der großen Stadt erzählen.
Ich klettere auf einen der Ballen. Oben lege ich mich auf den Rücken, sodass die Welt auf dem Kopf steht. Ich strecke mich und muss an Yoga denken. Heuballen-Yoga. Auf dem Tempelhofer Feld. Na klar, eine Lizenz zum Gelddrucken! Kopfüber habe ich doch immer die allerbesten Ideen.
6 Sep 2016
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