taz.de -- Berliner Szenen: Kopfüber im Heu

Es ist Erntezeit auf dem Tempelhofer Feld. Eine Riesenmaschine kackt Heuballen, dazwischen und darauf liegen Menschen und Elekteks.
Bild: Partyhauptstadt Berlin

Als ich auf dem Tempelhofer Feld ankomme, ist gerade der Mähdrescher unterwegs. Das stimmt gar nicht, ich nenne den nur in meinem Kopf so, das Gefährt auf der Wiese mäht weder, noch drischt es. Aber es ist schon ein amtlicher Traktor – gelb und grün, Marke „New Holland“ – und er zieht eine Heuballenmachmaschine hinter sich her, im Fachjargon: Rundballenpresse.

Deren Ergebnisse liegen bereits im Abendlicht, und die Leute liegen daneben beziehungsweise lehnen daran. Auch ich suche mir einen Ballen, während links von mir der Mähdrescher das lose Gras in langen Runden aufsammelt. Immer wieder bleibt er kurz stehen, setzt einen Meter zurück und kackt dann den nächsten Ballen aus, der sanft noch einen halben Meter weiterrollt.

Auf der anderen Seite des Weges ist das Gras noch hoch, ein Hund hoppelt wann und dann heraus, es ist die Sorte Hund, die ein Halstuch tragen kann und es sieht nicht bescheuert aus. Einige Leute fahren zwischen ihm und mir vorüber und werfen mir Gesprächsfetzen zu. „Ich bin ja auch auf dem Land groß geworden“ und „Wenn ich das jetzt auch noch fange, sind das 8 Elekteks in 1 Park. Was ist da los?“.

Kurz nach Sonnenuntergang ist der Mähdrescher am Ende seiner Runden angekommen. Eine Frau sammelt schnell noch ein wenig vom losen Heu ein, schwupps, da hat er es auch schon aufgefressen. Nun kann der Mähdrescher wieder aufs Land fahren und den anderen Landwirtschaftsgeräten vom Tag in der großen Stadt erzählen.

Ich klettere auf einen der Ballen. Oben lege ich mich auf den Rücken, sodass die Welt auf dem Kopf steht. Ich strecke mich und muss an Yoga denken. Heuballen-Yoga. Auf dem Tempelhofer Feld. Na klar, eine Lizenz zum Gelddrucken! Kopfüber habe ich doch immer die allerbesten Ideen.

6 Sep 2016

AUTOREN

Michael Brake

TAGS

Berliner Szenen
Tempelhofer Feld
Berliner Szenen
Berliner Szenen
McDonald's
Fahrrad
Berliner Szenen
PR-Agenturen

ARTIKEL ZUM THEMA

Berliner Szenen: Ende, Rinderlende

Wie ein Ufo war das 35-Euro-Steakrestaurant im Reuterkiez gelandet. Jetzt ist es weg und ich bin stolz auf Neukölln. Weil es Stil bewiesen hat.

Berliner Szenen: They try. They fail. They win

Es gibt drei gute Gründe, sich ein Hertha-Spiel anzuschauen. Das mit dem Presseeingang hingegen üben wir besser nochmal.

Berliner Szenen: Mit. Dem. Rad.

Große Lust auf einen Sonntagnachmittags-Cheesy, aber die McDonald's-Filiale hat am helllichten Tag geschlossen. Da gibt es nur eine Lösung.

Berliner Szenen: Tschüss, Sonja

Wir hatten eine gute Zeit – ich und Sonja. Wir fuhren durch Pfützen und überholten Rennrad-Hipster. Doch dann veränderte sich etwas. An einem Freitag.

Berliner Szenen: Ein Nishiki auf Reisen

Wie meine Katze einmal ein Hipster-Rennrad zum Geburtstag bekam und damit nur Schabernack zu veranstalten wusste.

Berliner Szenen: Auf einen Cupcake mit Adorno

Es ist peinlich, aber über PR-Post freu ich mich wie ein kleines Kind. Und wenn sie den wirrsten Pressetext des Jahres enthält, ist es der Jackpot.