taz.de -- Erdbeben in Birma: Tempel und Touristen erschüttert
Am gleichen Tag wie in Italien bebt in Birma die Erde. Es gibt kaum Todesopfer. Die Schäden nach dem Beben sind nicht das einzige Problem.
Rangun taz | Gleich geht die Sonne unter: Der Höhepunkt des Tages in Birmas historischer Tempelstadt Bagan. Tourguide Jelly fährt im Aufzug mit seinen Gästen den Aussichtsturm des Luxushotels Oriental Palace hoch, um ihnen zu zeigen, wie schön das weiche Licht das Meer der Pagoden umschmeichelt. Zwei Stunden vorher hatte am Mittwochabend in Bagan die Erde gebebt. Ein Beben der Stärke 6.8 erschreckte Menschen von Birma (Myanmar) über Thailand bis Bangladesch und beschädigte in Bagan 180 Tempel und Pagoden.
Tourguide Jelly macht unbeirrt weiter. Seinen Gästen täte es leid, dass die alte Tempelstadt beschädigt worden sei, erzählt er. „Hoffentlich denken auch anderen Touristen so und bleiben jetzt nicht fern.“
Die Tempelstadt ist der größte Touristenmagnet Birmas, das für viele Reisende erst mit der demokratischen Öffnung 2011 attraktiv würde. So gut wie alle Birma-Touristen besuchen Bagan. Das besteht aus 2.200 steinernen Tempeln und Pagoden, die sich auf 26 Quadratkilometern über die Flussebene des Irrawaddy erstrecken und teilweise bis ins 10. Jahrhundert zurückgehen. Damals war dies Sitz des Königreichs, aus dem später Birma hervorgehen sollte. Galt es damals als intellektuelles Zentrum Südostasiens, wird Bagan heute von seiner archäologischen wie touristischen Bedeutung mit Angkor Wat oder Borobodur verglichen.
In den 1990er Jahren ordnete die Militärjunta die Renovierung einiger Tempelanlagen an, die teilweise stümperhaft durchgeführt wurden. Darüber hinaus begingen sich immer wieder gläubige Buddhisten mit unbedachten Renovierungsmaßnahmen an den archäologischen Stätten, weil sich davon gutes Karma versprachen. 2005 kritisierte ein Experte der Unesco, die Junta produziere eine „Disney-ähnliche Fantasieversion von einem der großartigsten religiösen und historischen Orte der Welt.“
Versuche, Bagan als Weltkulturerbe schützen zu lassen, sind bisher gescheitert. Es wurde vor allem gefordert, das Management der archäologischen Zone zunächst zu verbessern. Außenministerin und Staatsrätin Aung San Suu Kyi forderte nach dem Beben, die Pagoden nicht „verantwortungslos“ wiederherzustellen und die Unesco hinzuzuziehen.
Anders als beim Beben in Italien, das sich am selben Tag und in ähnlicher Stärke ereignete, war das Epizentrum in Birma weit genug entfernt von einer größeren Stadt und mit 84 Kilometern tief genug unter der Erde, um nicht noch größeren Schaden anzurichten. Neben den in Mitleidenschaft gezogenen Pagoden wird von drei Toten und Gebäudeschäden in der Hauptstadt Naypyidaw berichtet.
Myanmar ist tektonisch anfällig für Erdbeben, denn unter dem südostasiatischen Land treffen die indoaustralische und die eurasische Platte aufeinander. Die Region um Bagan wird regelmäßig von Erdbeben heimgesucht. Ein besonders schweres zerstörte bereits 1975 Hunderte Tempel.
25 Aug 2016
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