taz.de -- Gefährliche Kraftwerksabfälle: In Sachsen als Baustoff verarbeitet

Mehr als 25 Millionen Tonnen belastete Reststoffe aus sächsischen Kraftwerken sollen illegal entsorgt worden sein. Sie wurden einfach als Baustoff verarbeitet.
Bild: Braunkohlekraftwerk Boxberg in Sachsen: Die Asche wurde nicht als Sondermüll entsorgt

Dresden epd | Die sächsischen Grünen werfen dem Freistaat die illegale Entsorgung von gefährlichen Kraftwerksabfällen vor. Für schadstoffbelastete Abfälle gebe es in Sachsen keine speziellen Deponien wie etwa in Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen, sagte der energie- und klimapolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag, Gerd Lippold, am Dienstag in Dresden. In Sachsen würden sie lediglich als „Baustoff“ zur Errichtung von Landschaftsbauwerken und Kippen dienen.

Nach Angaben der Grünen wurden in Sachsen seit 1999 mehr als 25 Millionen Tonnen belasteter Reststoffe ohne spezielle Deponien und ohne jede Überwachung entsorgt. Kraftwerksabfälle enthielten jedoch zum Teil hohe Konzentrationen an Schadstoffen, darunter Schwermetalle wie Blei, Nickel und Quecksilber. Die Genehmigung zur Entsorgung erteile das sächsische Oberbergamt.

Lippold hat nach eigenen Angaben bei der Staatsanwaltschaft Leipzig nun eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf unerlaubten Umgang mit Abfällen gestellt. „Es ist zweifelhaft, ob die Verwendung als Baustoff in Kippen ohne jede Überwachung zulässig ist“, heißt es darin. Es bestehe „die begründete Vermutung, dass es sich bei der Verwendung von Kraftwerksreststoffen im Freistaat Sachsen insgesamt, mindestens aber teilweise um Abfallbeseitigungsmaßnahmen handelt“.

Sofern diese Maßnahmen ausschließlich auf bergrechtlicher Grundlage erfolgen, verstoße das gegen die geltende Rechtslage, sagte Lippold. Kraftwerksreststoffe seien bergbaufremde Abfälle und in Deutschland nicht als Baustoffe zugelassen. Es liege die Vermutung nahe, dass die von der bundesweit üblichen Praxis abweichende Vorgehensweise vor allem aus Gründen der Kosteneinsparung erfolge.

Die Grünen hatten ein Rechtsgutachten zum Umgang mit den Abfällen erstellen lassen. Zudem ergaben parlamentarische Anfragen an zuständige sächsische Ministerien, dass Sachsen den Kraftwerksmüll überhaupt nicht auf mögliche Schadstoffe untersuchen lässt.

Die Risiken müssen nach Ansicht von Lippold „zwingend neu evaluiert und Proben von den Kippen genommen werden“. Die Abfälle zum Beispiel aus den Kraftwerken Boxberg und Chemnitz werden im „Landschaftsbauwerk Speyer Höhe“, im Landkreis Görlitz, beseitigt.

2 Aug 2016

TAGS

Kohlekraftwerke
Sachsen
Abfallentsorgung
Baustoffe
Baustoffe
Braunkohle
Braunkohletagebau
Oberlausitz
Braunkohledörfer

ARTIKEL ZUM THEMA

Recycling von Bauabfall: Bauschutt im Bundesrat

Bauabfälle könnten nachhaltiger bewirtschaftet werden. Recyclingstoffe stehen aber unter Verdacht, minderwertig zu sein. Jetzt wird nachverhandelt.

EPH übernimmt Vattenfalls Braunkohle: Viel Schotter für die Kohle

Rund 1,7 Milliarden Euro legt Vattenfall auf den Tisch, um die Braunkohle loszuwerden. Der Käufer EPH ist fürs rigorose Geldmachen bekannt.

Tagebau in Brandenburg: Aus der Kohle Kohle machen

Der Ankündigung folgen nun Taten: Der schwedische Konzern Vattenfall treibt den Verkauf seiner Braunkohlesparte voran.

Sachsen genehmigt Erweiterung: Noch mehr Tagebau in Nochten

Das Innenministerium in Dresden macht den Weg frei für eine Ausdehnung des Braunkohle-Tagebaus in der Oberlausitz. 1.500 Einwohnern droht die Umsiedlung.

Slawische Minderheit in Deutschland: Die Sorgen der Sorben

„Hat unsere Kultur noch eine Chance?“, fragt der Bürgermeister eines sorbischen Dorfes in der Lausitz. Nur mit einer frei gewählten Volksvertretung.