taz.de -- Studie zum Freihandelsabkommen Ceta: EU-Plan zu Ceta ist „illegal“
Die EU möchte Ceta bereits „vorläufig“ anwenden. Der Völkerrechtler Wolfgang Weiß schreibt in einer Studie, dass das illegal sei.
Berlin taz | SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hält die Gegner von Ceta für „verrückt“. Und dennoch hören die Kritiker des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada nicht auf, weiter Argumente gegen Ceta zu präsentieren.
„Rechtlich unzulässig“ sei der Plan der EU-Kommission, Ceta bereits „vorläufig“ vollständig anzuwenden, wenn die Ratifizierung der nationalen Parlamente in der EU noch ausstehe. Dies schreibt der Völkerrechtler Wolfgang Weiß von der Universität Speyer [1][in einer Studie], die die Verbraucherorganisation Foodwatch am Montag veröffentlichte.
Das Abkommen soll im Oktober in Kanada unterzeichnet und im kommenden Jahr bereits komplett angewendet werden. Erst danach sollen die nationalen Parlamente den Teil des Abkommens absegnen, der in nationale Zuständigkeiten fällt. Diese Prozedur dauerte beim Freihandelsabkommen mit Südkorea fünf Jahre.
Die geplante „vorläufige“ Anwendung des kompletten Vertrags mache die „nationalen Ratifikationen zum sinnentleerten Geschehen“, kritisiert Weiß. Der „hybride Charakter des Ceta“ könne „die nationalen Ratifikationen entwerten und die gebotene Achtung vor den grundlegenden verfassungsmäßigen Strukturen der Mitgliedstaaten unterlaufen“.
Für die SPD kommt das Gutachten zur Unzeit. Am 19. September soll ein Parteikonvent über Ceta abstimmen. Vielleicht wird das zum Votum gegen Parteichef Sigmar Gabriel. Der Wirtschaftsminister macht sich für Ceta stark. Derzeit erwecke er allerdings, so zitierte die Bild-Zeitung am Montag einen „Spitzengenossen“, den „Eindruck, als suche er für sich nach einer Exit-Strategie“.
23 Aug 2016
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