taz.de -- EU-Pläne zur „Flüchtlingsabwehr“: Mehr als hundert NGOs fordern Stopp
Am Dienstag beginnt der EU-Gipfel. 104 Nichtregierungsorganisationen warnen vor Abkommen mit Drittländern, die Menschenrechte verletzen.
Bonn afp | Vor dem am Dienstag beginnenden EU-Gipfel haben mehr als hundert Nichtregierungsorganisationen gefordert, aktuelle Pläne der EU-Kommission zur Flüchtlingsabwehr zu stoppen. Es sei vorgesehen, Handelsbeziehungen, Entwicklungshilfegelder und andere Finanzmittel dafür einzusetzen, dass Drittländer Migranten daran hindern, die Europäische Union zu erreichen, heißt es einer am Montag veröffentlichen gemeinsamen Erklärung.
Im Zuge von Abkommen mit Regierungen zur Migrationsabwehr drohten Menschenrechte und internationales Recht verletzt zu werden. Denn dieses verbiete, Menschen in Länder zurückzuweisen, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben drohe.
Blaupause der von der EU-Kommission Anfang Juni vorgelegten Pläne sei das Abkommen zwischen der EU und der Türkei, „durch das tausende Menschen unter entwürdigenden und menschenverachtenden Bedingungen in Griechenland festsitzen“. Kinder seien besonders hart betroffen: Viele hundert unbegleitete Minderjährige würden „in haftähnlichen Einrichtungen festgehalten“ oder müssten in Polizeizellen schlafen.
Unterzeichner der Erklärung sind 104 Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte, humanitäre Hilfe, Medizin, Migration und Entwicklungszusammenarbeit, darunter Amnesty International, Ärzte der Welt, Care, Handicap International, Save the Children, Oxfam und World Vision. Sie fordern von den „politisch Verantwortlichen in der EU“, den Kommissionsvorschlag abzulehnen. Stattdessen sollten die EU-Mitgliedstaaten eine „nachhaltige und langfristig angelegte Strategie“ zur Gestaltung von Migration entwickeln.
27 Jun 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Mehr Menschen als je zuvor sind auf der Flucht. Die Staatengemeinschaft versagt eklatant darin, Kriege und ihre Folgen zu verhindern.
Über 65 Millionen Menschen wurden 2015 durch Krisen und Konflikte aus ihrer Heimat vertrieben. Die Zahl belegt einen neuen Höchststand.
Der Bundesinnenminister macht mit unbelegten Zahlen Stimmung gegen Flüchtlinge. Kann er nicht rechnen oder lügt er?
Im Hamburger Vorort Blankenese rüstet sich ein Verbitterungsmilieu der allerhöchsten Gehaltsklasse zur zweiten Runde im Flüchtlings-Streit.
Napuli Paul ist eine Ikone der Refugee-Bewegung. Die Aktivistin über die Räumung des Berliner Protestcamps vor zwei Jahren, Anerkennung und Rassismus.
Die öffentliche Debatte dominieren die Angstbesetzten und die „Besorgten“. Wo ist das andere, wo ist mein Deutschland geblieben?