taz.de -- Machtkampf nach dem Brexit-Votum: Labour-Chef Corbyn setzt Kritiker ab
Die Folgen des Referendums haben die Labour-Party erreicht. Der Parteichef hat einen seiner Kritiker entlassen. Das wiederum blieb nicht ohne Folgen.
London dpa | In der britischen Labour-Partei ist nach dem Brexit-Referendum ein offener Machtkampf entbrannt. Parteichef Jeremy Corbyn entließ in der Nacht zum Sonntag einen seiner schärfsten Kritiker aus dem Schattenkabinett.
Hilary Benn, einer der angesehensten Labour-Abgeordneten, hatte Corbyn Führungsschwäche vorgeworfen und bezweifelt, dass er eine mögliche Neuwahl in den kommenden Monaten gewinnen könne. Berichten zufolge soll der Schatten-Außenminister in der Fraktion gegen Corbyn paktiert haben.
Der konservative Premierminister David Cameron hatte nach dem [1][Votum der Briten für einen EU-Austritt] seinen Rücktritt für Oktober angekündigt. Oppositionschef Corbyn, der in der Fraktion ohnehin wenig Unterstützer hat, war nach dem EU-Referendum unter Druck geraten, ebenfalls zurückzutreten.
Viele Labour-Politiker werfen ihm vor, sich nicht entschieden genug für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union eingesetzt zu haben. Am Montagabend berät die Labour-Fraktion über ein Misstrauensvotum gegen Corbyn.
Aus Protest gegen Benns Absetzung [2][trat am Sonntag Schatten-Gesundheitsministerin Heidi Alexander zurück]. Berichten der BBC zufolge könnte die Hälfte des Schattenkabinetts Corbyn den Rücken kehren. Der 67-Jährige war im vergangenen Herbst in einer Urwahl überraschend an die Parteispitze gewählt worden. Er hatte bis dahin als linker Parteirebell gegolten.
26 Jun 2016
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