taz.de -- Umgang mit der AfD im Wahlkampf: Mini-Konsens gegen die Rechten

Die demokratischen Parteien wollen der AfD von sich aus kein Podium geben – aber die Diskussion mit ihr nicht verweigern. Dies sieht der „Berliner Konsens“ vor.
Bild: Hat jetzt die Politik was in der Hand gegen Rechts? Unterzeichner des Berliner Konsens am Freitag

Die fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien werden im Wahlkampf zu eigenen Veranstaltungen keine Vertreter der AfD einladen. Dies vereinbarten Vertreter von SPD, CDU, Grünen, Linkspartei und Piraten sowie der FDP am Freitag im sogenannten Berliner Konsens. Zudem versprechen sie, „gemeinsam rassistischen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Positionen die Rote Karte“ zu zeigen – was immer das genau heißen mag. Von Anderen organisierte Diskussionen, zu denen die AfD eingeladen wird, werde man aber nicht boykottieren. Vielmehr wolle man dort die Positionen der Rechtspopulisten entlarven, hieß es am Freitag.

Eine ähnliche Vereinbarung hatte es bereits im Wahlkampf 2011 gegeben, damals gerichtet vor allem gegen die NPD. Entsprechend offensiver war sie formuliert: „Wir wenden uns dagegen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien ein Podium zu geben“, hieß es unter anderem. Mit diesen dürfe es „keine Diskussion auf Augenhöhe“ geben.

„Nun ist die Situation ernster als damals“, erklärte Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechts (MBR), die die Verhandlungen in beiden Fällen koordiniert hatte. Denn mit der AfD dränge eine in Teilen rechtsextreme Partei ins Parlament. Dennoch fiel die Erklärung weicher aus. Nach taz-Informationen bremste vor allem die CDU. Es habe viel „Streit um einzelne Formulierungen“ gegeben, obwohl die AfD das Klima in der Stadt durch Bedrohungen und Ausgrenzungen vergifte, erklärte Elke Breitenbach, die als Vizechefin der Linken die Erklärung unterzeichnete.

Es ist fraglich, ob der Satz: „Wir werden rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien von unserer Seite aus kein Podium verschaffen“ in der Praxis viel verändert. Zu den großen Diskussionen mit breitem politischem Spektrum laden in der Regel nicht die Parteien selbst ein.

Klose wertete den diesjährigen Konsens dennoch als Erfolg. Er sei ein Zeichen, dass sich die „demokratischen Parteien nicht gegeneinander ausspielen lassen“; der Wahlkampf werde nicht auf dem Rücken von Flüchtlingen und Minderheiten ausgetragen. Ziel müsse es nun sein, das „Undemokratische der AfD aufzuzeigen“.

„Wir werden uns der Auseinandersetzung stellen“, kündigte Michael Müller in seiner Funktion als SPD-Vorsitzender an. Nach ersten Erfahrungen habe die AfD keine inhaltlichen Vorschläge für die Lösung von Berliner Problemen; ihre Vertreter produzierten oft nur „heiße Luft“.

Die grünen Parteichefin Bettina Jarasch forderte die demokratischen Parteien dazu auf, ihre unterschiedlichen Positionen „offensiver zu vertreten“. CDU-Vize Thomas Heilmann betonte, dass sich viele Ängste und Sorgen von AfD-Wählern „nicht rational wegdiskutieren“ ließen. Es gehe in der Auseinandersetzung auch um „Gefühle“.

1 Jul 2016

AUTOREN

Bert Schulz

TAGS

Schwerpunkt AfD in Berlin
Rechtspopulisten
Abgeordnetenhaus
Schwerpunkt AfD in Berlin
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Junge Alternative (AfD)
Michael Müller
Schwerpunkt AfD

ARTIKEL ZUM THEMA

Das war die Woche in Berlin II: Zwangspause für die Chefideologin

Die Berliner AfD macht ein bisschen auf hauptstadtcool – ganz im Widerspruch zur fundamentalistischen Parteichefin Storch.

AfD in Nordrhein-Westfalen: Das Landtagswahlprogramm steht

Die Partei will separaten Unterricht für Flüchtlingskinder einführen und mehr Polizei einsetzen. Die Presse durfte letztendlich am Parteitag teilnehmen.

Neonazi-Vorwürfe gegen Bayern-AfD: Bystron streitet Kontakte ab

Nach dem Saar-Landesverband ist nun die AfD in Bayern Rechtsextremismus-Vorwürfen ausgesetzt. Auf Bundesebene will man dem nicht nachgehen.

Ein Hausbesuch bei der AfD in Berlin: Unter einem Dach mit der AfD

Frauke Petry ist selten da: Bundeszentrale und Berliner Landesverband der AfD residieren in einem Bürohaus in Tiergarten. Das gefällt nicht allen Nachbarn.

Das war die Woche in Berlin II: Die Dialektik des Michael Müller

In seiner Regierungserklärung beschäftigte sich der Regierende auch mit der Zivilgesellschaft – ist dabei aber zwiegespalten.

Gemeinsamer Wahlkampf gegen rechts: Berliner Dissens

2011 grenzten sich alle Parteien im Abgeordnetenhaus von Rechtspopulisten ab. Eine Neuauflage des Bündnisses scheitert bisher an der CDU.