taz.de -- Statistik für das Erste Halbjahr 2016: 563 Angriffe auf Flüchtlingsheime
Immer weniger Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Dennoch ist die Zahl der Angriffe auf ihre Unterkünfte 2016 extrem hoch geblieben.
Erfurt dpa | Die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland reißen nicht ab. Im ersten Halbjahr habe es bereits 563 Straftaten gegeben, darunter 51 Brandstiftungen, sagte der Kriminaldirektor beim Bundeskriminalamt (BKA), Marc Schmitz, bei einer Tagung der ostdeutschen Verfassungsschützer in Erfurt. Die Behörden hätten 97 Gewaltdelikte gegen Asylunterkünfte registriert. „Dass es noch keine Toten gab, ist reines Glück.“
Ungefähr zwei Drittel der festgestellten Straftäter mit rechter Motivation seien bisher bei Verfassungsschutz und Staatsschutz nicht aktenkundig gewesen, erklärte Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer. Es sprach von einer „sehr hohen Zahl“. Seit diesem Jahr listet das Bundeskriminalamt gesondert Delikte gegen Flüchtlinge außerhalb ihrer Unterkünfte auf. Demnach seien sie bislang 824 Straftaten ausgesetzt gewesen – zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen oder an Bushaltestellen.
In 202 Fällen habe es Angriffe gegen „Amts- und Mandatsträger“ gegeben, erklärte der BKA-Beamte. Darunter fallen etwa Politiker, die sich mit der Flüchtlingsproblematik beschäftigen, Polizisten und Sozialarbeiter.
Einer Umfrage zufolge ist schon fast jeder zweite Bürgermeister wegen seiner Flüchtlingspolitik beschimpft oder persönlich beleidigt worden. Das Spektrum reicht von Verunglimpfungen und beleidigenden Mails über Schmierereien an Hauswänden bis hin zu toten Ratten vor der Haustür, wie einer Umfrage des Magazins „Kommunal“ (Montag) unter 1000 Bürgermeistern ergab. 6 Prozent der Befragten gaben an, körperlich angegriffen worden zu sein, davon die Hälfte im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik.
Bei den Attacken auf Asylbewerberheime stammten laut einer BKA-Analyse fast 78 Prozent der Täter aus dem gleichen Ort. Jeder zweite handelte demnach allein.
20 Jun 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Bundeskriminalamt hat Zahlen zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte veröffentlicht. Sie liegen leicht unter denen des Vorjahres, könnten aber noch steigen.
Eine Düsseldorfer Flüchtlingsunterkunft stand Anfang der Woche in Flammen. Zwei Bewohner sollen das Feuer gelegt haben. Eine Warnung sei dem vorausgegangen.
In der Nähe der Messe Düsseldorf ist ein Flüchtlingsheim abgebrannt. Knapp 30 Menschen wurden leicht verletzt. Die Polizei spricht von sechs Verdächtigen.
Es ist die erste Anklage wegen Rechtsterrorismus seit dem NSU: Die vier angeklagten Neonazis weisen den Terrorvorwurf zurück.
2015 stieg die Zahl rechter Straftaten in Sachsen-Anhalt um fast 40 Prozent. Es gab drei Brandanschläge und 71 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte.